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Informationen für Patientinnen und Patienten zur allogenen Blutstammzelltransplantation

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1. Vorwort

Porträtfoto von Prof. Dr. med. Jörg Halter
Prof. Dr. med. Jörg Halter

Liebe Patientin, lieber Patient

Zur Behandlung Ihrer schweren Erkrankung ist im weiteren Verlauf die Durchführung einer allogenen Blutstammzelltransplantation geplant.

Die Entscheidung für eine Transplantation ist schwierig und Sie werden sicherlich viele Fragen zu dieser Therapie haben. Diese Website enthält Informationen über die allogene Blutstammzelltransplantation. Sie soll Ihnen als Hilfe und als Leitfaden für die bevorstehende Transplantation dienen, aber auch für die Zeit vor und nach der Transplantation und über die Hintergründe und Abläufe einer Blutstammzelltransplantation informieren.

Die Informationen sind für alle betroffenen Patientinnen und Patienten in der Schweiz gedacht. Je nach behandelndem Transplantationszentrum können einzelne Abläufe unterschiedlich gehandhabt werden. Dieser Leitfaden ersetzt deshalb auch nicht das ausführliche Gespräch mit Ihrem Behandlungsteam. Er soll Ihnen jedoch eine Hilfe geben, um die komplexen Abläufe und Vorgänge besser verstehen zu können.

Die Informationen haben zum Ziel, Sie ausführlich über das Prinzip einer allogenen Blutstammzelltransplantation zu orientieren. Je nach zugrundeliegender Krankheit und körperlichen Voraussetzungen kann die Therapie unterschiedlich sein. Es werden vielleicht Behandlungsarten erwähnt, die für Sie nicht zutreffen.

Um Ihnen einen vollständigen Überblick zu vermitteln, werden auch die Risiken und mögliche Nebenwirkungen der Transplantation offen besprochen. Verständlicherweise kann das Angst und Sorgen auslösen. Deshalb weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass die Transplantation bei der Mehrheit der Patientinnen und Patienten erfolgreich und ohne schwerwiegende Komplikationen verläuft. Andere, weniger schwere Störungen Ihres Wohlbefindens sind allerdings oft leider nicht zu vermeiden.

Bei den meisten Patientinnen und Patienten ist eine Blutstammzelltransplantation eine sichere und wirksame Therapie, welche die beste Aussicht auf Heilung eröffnet. Diese Hoffnung wollen wir in Ihnen bestärken.

Prof. Dr. med. Jörg Halter
Präsident SBST (Swiss Blood Stem Cell Transplantation and Cellular Therapy)

2. Einführung

Porträt Prof. Dr. med. Georg Stüssi
Prof. Dr. med. Georg Stüssi

Diese Website soll Ihnen als Hilfe und als Leitfaden für die bevorstehende Blutstammzelltransplantation, aber auch für die Zeit vor und nach der Transplantation dienen. Sie ersetzt aber auf keinen Fall das Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und dem Pflegefachpersonal im Transplantationszentrum. In dem Gespräch werden mit Ihnen die Einzelheiten der Transplantation besprochen. Es ist daher hilfreich, wenn Sie die Informationen auf dieser Website bereits vor dem Gespräch gelesen haben.

Wir empfehlen Ihnen, Ihre Partnerin, Ihren Partner, Familienmitglieder oder enge Bezugspersonen zu diesem Gespräch mitzunehmen. Viele Dinge lassen sich einfacher verstehen, wenn mehrere Personen mithören. Dabei werden Ihre Ärztin oder Ihr Arzt und das Pflegefachpersonal Ihnen die Eigenheiten des jeweiligen Transplantationszentrums beschreiben und gezielt auf die Transplantation in Ihrer Situation eingehen.

Bitte notieren Sie sich auch Fragen, die Ihnen im Vorfeld in den Sinn kommen, so dass Sie diese mit Ihrem Betreuungsteam besprechen können. Zusätzlich haben Sie während dieses Gesprächs oder im Rahmen der Vorabklärung die Möglichkeit, das Transplantationszentrum zu besichtigen.

Prof. Dr. med. Georg Stüssi (Autor)

3. Biologie der Blutstammzelltransplantation

Biologie der Blutbildung

Blut ist eine Körperflüssigkeit, die eine Vielzahl verschiedener Funktionen innehat. Das Blut ist besonders wichtig bei der Versorgung der Organe mit Sauerstoff und dem Transport von Nährstoffen zu den verschiedenen Organen. Gleichzeitig sorgt ein ausgeklügeltes Gerinnungssystem dafür, dass Blut bei Verletzungen, nicht jedoch im unverletzten Blutgefäss gerinnen kann.

Schematische Darstellung von verschiedenen Blutzellen
Blut
Schematische Darstellung von Knochenmark und wie sich aus den Blutstammzellen Blutzellen bilden
Knochenmark

Das Blut besteht aus Zellen und einer wässrigen Flüssigkeit, welche Plasma genannt wird. Bei den Blutzellen werden rote (Erythrozyten) und weisse (Leukozyten) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) unterschieden. Die roten Blutzellen sind hauptsächlich für den Sauerstofftransport zuständig, während die weissen Blutzellen für die Abwehr von Infektionen verantwortlich sind. Die wichtigste Aufgabe der Blutplättchen ist der Verschluss von Blutgefässen im Falle einer Verletzung durch die Bildung eines Gerinnsels.

Im Blutplasma werden Nähr- und Baustoffe und die Eiweisse der Blutgerinnung transportiert.

Das Knochenmark ist der Ort der eigentlichen Blutproduktion. Es befindet sich vor allem im Schädel und im Stammskelett (Rippen, Wirbelkörper und Beckenknochen).

Häufig wird das Rückenmark mit dem Knochenmark verwechselt. Es ist uns wichtig, dass Sie den Unterschied kennen: Wie oben erwähnt, ist das Knochenmark der Ort der Blutproduktion und befindet sich im Knochen. Das Rückenmark dagegen ist ein Nervenstrang, der vom Hirn bis zu den Beinen verläuft und für die Nervenversorgung des Körpers verantwortlich ist, das Rückenmark liegt in einem knöchernen Kanal im Bereich der Wirbelsäule.

Knochenmark und Rückenmark befinden sich also nicht am gleichen Ort im Körper, eine Knochenmarkentnahme kann deshalb in keinem Fall zu einer Verletzung des Rückenmarks führen.

Die Blutzellen werden im Knochenmark gebildet. Alle Blutzellen stammen von den blutbildenden (hämatopoietischen) Stammzellen, den Blutstammzellen ab. Im Knochenmark durchlaufen die Zellen einen Reifungsprozess, der am Schluss zu den reifen Blutzellen führt. Erst dann treten die Blutzellen aus dem Knochenmark ins Blut über und können hier gemessen und untersucht werden. Um die korrekt funktionierende Blutbildung im Knochenmark kontrollieren zu können, müssen wir nach der Transplantation regelmässig Knochenmarkpunktionen durchführen.

Der Begriff «Stammzellen» gilt sowohl für die embryonalen Stammzellen (Zellen in der ganz frühen menschlichen Entwicklung, die noch nicht spezialisiert sind) wie auch für die Blutstammzellen (die sogenannten adulten Blutstammzellen), die jeder Mensch hat.

Embryonale Stammzellen haben die herausragende Eigenschaft, sich je nach Bedarf zu ganz unterschiedlichen Zellen und Organen weiterzuentwickeln. Sie sind so etwas wie die «Ursprungszellen».

Blutstammzellen haben diese Eigenschaft weitestgehend verloren, sie haben aber dennoch ganz wichtige Aufgaben: Das Knochenmark resp. die Blutstammzellen sind verantwortlich für die Bildung von Blutzellen. Ist die Blutbildung gestört, können zu viele (oder auch zu wenige) und meist entartete Blutzellen entstehen. Somit ist, je nach Störung, die Erfüllung der Aufgaben der Blutzellen nicht mehr gewährleistet.

HLA System und Gewebeverträglichkeit

HLA (Humane Leukozyten Antigene) sind wichtige Gewebemerkmale auf der Oberfläche von Zellen. Diese HLA-Eigenschaften befinden sich aber nicht nur auf den Leukozyten, sondern auf praktisch allen Zellen des Körpers.

Jeder Mensch hat verschiedene HLA-Eigenschaften, die je zur Hälfte von der Mutter und vom Vater vererbt werden. Bei Geschwistern besteht eine ca. 25%ige Chance, dass alle HLA-Eigenschaften übereinstimmen. Sollte sich in der Familie keine Spenderin, kein Spender für Sie oder Ihr Kind finden, kann eine Fremdspendersuche in die Wege geleitet werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es Milliarden von verschiedenen Kombinationen der HLA-Antigene gibt.

Die HLA-Eigenschaften spielen im Körper eine sehr wichtige Rolle bei der Unterscheidung zwischen «eigen» und «fremd». Kommt es zum Beispiel zu einer Virusinfektion, kann der Körper mit Hilfe des HLA-Systems das Virus als fremd erkennen und eine Abwehrreaktion starten. Die HLA-Eigenschaften haben bei der Blutstammzelltransplantation entscheidende Bedeutung: Sind die Kombinationen der wichtigsten HLA-Gruppen zwischen Empfängerin, Empfänger und Spenderin, Spender nicht identisch, steigt einerseits das Risiko einer Abstossungsreaktion im Körper der Empfängerin oder des Empfängers, andererseits können sich im Rahmen einer Blutstammzelltransplantation auch die gesunden Spenderzellen gegen den Körper der Patientin oder des Patienten richten (siehe auch Kapitel GvHD).

Spenderinnen oder Spender sind entweder passende Geschwister (= HLA identisch) oder aber unverwandte Personen, die HLA identisch sein können. Familienmitglieder können in den HLA-Eigenschaften zur Hälfte übereinstimmen, diese nennt man haploidentisch.

Bei der Blutstammzelltransplantation spielen die Blutgruppen eine eher untergeordnete Rolle. Wesentlich für das Gelingen einer Blutstammzelltransplantation ist die Übereinstimmung der wichtigsten HLA-Eigenschaften zwischen Ihnen und Ihrer Spenderin oder Ihrem Spender.

Eine Blutstammzelltransplantation kann also auch bei Blutgruppenungleichheit durchgeführt werden. In solch einem Fall werden Sie jedoch die Blutgruppe Ihrer Spenderin oder Ihres Spenders übernehmen. In den ersten Wochen und Monaten werden sich in Ihrem Körper rote Blutzellen der Spenderin oder des Spenders und Ihre eigenen befinden. Deshalb kann während dieser Zeit die Blutgruppe nicht eindeutig bestimmt werden. Bei Bedarf erhalten Sie daher einen Übergangsblutgruppenausweis.

Diese Veränderungen müssen bei Transfusionen nach der Transplantation berücksichtigt werden. Nach einigen Monaten werden in der Regel nur noch Blutzellen der Spenderin, des Spenders vorhanden sein und Sie werden deren Blutgruppe haben.

4. Einige Grundlagen der Blutstammzelltransplantation

Eine Blutstammzelltransplantation ist notwendig, wenn Sie an einer schweren Störung des blutbildenden Systems oder Ihres Abwehrsystems erkrankt sind und eine Transplantation eine bestmögliche Hoffnung auf Heilung verspricht. Gelegentlich kann eine Blutstammzelltransplantation auch notwendig sein, falls Sie an einer anderen Krankheit leiden, die durch die Transplantation gesunder Blutstammzellen günstig beeinflusst bzw. geheilt werden kann.

Die meisten Patientinnen und Patienten erhalten eine Blutstammzelltransplantation aufgrund einer akuten myeloischen oder lymphatischen Leukämie, einer Erkrankung der weissen Blutkörperchen. Daneben werden Blutstammzelltransplantationen aber auch bei einer Vielzahl von verschiedenen anderen Erkrankungen durchgeführt. Die genaue Indikation für die Blutstammzelltransplantation werden Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt während des Vorbereitungsgespräches diskutieren.

Durch eine allogene Blutstammzelltransplantation werden die kranken Zellen Ihres Blutsystems durch normal funktionierende Blutzellen Ihrer Spenderin oder Ihres Spenders ersetzt. Die Immunzellen der spendenden Person können zudem die eventuell noch verbliebenen kranken Zellen in Ihrem Körper bekämpfen.

Ganz wichtig ist: Die Transplantation führt nur zu einer Änderung Ihres Blutsystems, nicht aber zu einer Persönlichkeitsveränderung.

Die allogene Blutstammzelltransplantation bedeutet für Sie die beste Möglichkeit auf eine Heilung. Denn bei einer Transplantation werden die durch die Vorbehandlung zerstörten, bösartigen Blutzellen durch neue gesunde Blutstammzellen ersetzt. Die nun zugeführten gesunden Blutstammzellen erreichen über den Blutstrom das Knochenmark und siedeln sich dort an, wo sie wieder ausreichende Mengen an gesunden Blutzellen bilden können. Eine fehlende oder gestörte Blutproduktion oder ein ungenügendes Immunabwehrsystem wird durch eine neue funktionierende Blutbildung und ein neues gesundes Immunsystem ersetzt.

Wie bereits oben beschrieben, können die transplantierten Blutstammzellen sich auch gegen noch verbliebene kranke Blutzellen richten und somit einen wesentlichen zusätzlichen Schutz vor einem Rückfall bieten. Diesen Effekt nennt man Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt (Graft-versus-Leukemia).

Autologe Transplantation

Bei der autologen Transplantation werden der Patientin, dem Patienten eigene, vorher abgenommene Blutstammzellen übertragen.

Allogene Transplantation

Bei der allogenen Transplantation werden der Patientin, dem Patienten fremde Blutstammzellen übertragen. Diese können von einer verwandten oder unverwandten Person stammen.

Syngene Transplantation

Bei der syngenen Transplantation werden der Patientin oder dem Patienten Blutstammzellen von einem eineiigen Zwilling übertragen.

Verwandte Spenderin, verwandter Spender

Bei der Transplantation mit einer verwandten Spenderin oder einem verwandten Spender werden gesunde Blutstammzellen von einer verwandten Person, meist ein Geschwister, übertragen. Die Chance, ein Geschwister mit kompatiblen HLA-Eigenschaften zu finden, liegt bei ca. 25 %.

Bei den verwandten Spenderinnen und Spendern unterscheidet man:

  • HLA-identische Geschwister, dazu gehören auch die nicht eineiigen Zwillinge. Das Geschwister hat die gleiche Kombination der elterlichen HLA-Eigenschaften geerbt.
  • Haplo-identische Verwandte, bei denen nur die Hälfte der vererbten HLA-Merkmale übereinstimmen, meist die Eltern oder Geschwister.
  • Eineiige (syngene) Zwillinge, genetisch identische Geschwister.

Unverwandte Spenderin, unverwandter Spender

Bei der Transplantation mit einer unverwandten Spenderin oder einem unverwandten Spender werden gesunde Blutstammzellen von einer freiwilligen, nicht familiären Person übertragen. Dies erfolgt, wenn innerhalb der eigenen Familie keine geeignete Spenderin und kein geeigneter Spender gefunden werden konnte.

Dazu werden in weltweit vernetzten Datenbanken registrierte freiwillige Spenderinnen und Spender gesucht, indem deren Gewebetypisierung mit der des Patienten oder der Patientin verglichen wird.

Eine unverwandte Person hat für Sie Knochenmark oder periphere Blutstammzellen gespendet. Nun möchten Sie sich bedanken.

Wie bei der Blutspende dürfen sich in der Schweiz spendende und empfangende Personen von Blutstammzellen nicht kennen; diese Regelung der Anonymität wurde zum persönlichen Schutze beider Parteien eingeführt.

Seit dem 01.04.2013 wurde diese Regelung dahingehend gelockert, dass ein einmaliger schriftlicher Austausch erlaubt ist, um zu danken oder Genesungswünsche auszusprechen. Dieser Austausch wird über das Schweizer Blutstammzellspenderregister der Blutspende SRK Schweiz abgewickelt und setzt weiterhin die Anonymität zwischen spendender und empfangender Person voraus. Das heisst, es werden keinerlei Hinweise auf die Spenderin, den Spender respektive die Empfängerin, den Empfänger weitergeleitet. Das heisst auch, dass in der Korrespondenz keine persönlichen Hinweise auf die eigene Person und keine Geschenke ausgetauscht werden dürfen.

Wenn Sie Ihrer Spenderin oder Ihrem Spender schreiben möchten, wird Ihr Transplantationsteam die Korrespondenz gerne an die Abteilung Swiss Blood Stem Cells (SBSC) der Blutspende SRK Schweiz weiterleiten.

Der Begriff Konditionierung steht für die vorbereitende Therapie, die direkt vor der Blutstammzelltransplantation verabreicht wird. Es gibt verschiedene Konditionierungsschemata, die je nach Schema aus einer Chemotherapie mit verschiedenen Chemotherapiemitteln oder in einer Kombination von Chemotherapie und einer Bestrahlungstherapie bestehen.

Zwei wichtige Ziele werden mit der Konditionierung verfolgt:

  • Durch die Konditionierung sollen nochmals möglichst viele noch vorhandene bösartige Zellen zerstört werden.
  • Ihr Immunsystem soll soweit unterdrückt werden, dass es die transplantierten Blutstammzellen nicht abstossen kann.

Diese Begriffe stehen für die Wirkungsstärke der vorbereitenden Konditionierung. «Myeloablativ» bedeutet, dass es sich um eine sehr starke Konditionierung handelt. Diese Vorphase wird vor allem bei jüngeren Erwachsenen und bei Kindern und Jugendlichen mit bösartigen Erkrankungen des Blutes eingesetzt. Sie besteht aus einer Chemotherapie mit verschiedenen Substanzen. Zusätzlich kann auch noch eine Ganzkörperbestrahlung dazukommen.

«Reduziert» bedeutet, dass die vorgängige Therapie weniger stark ist und häufig nicht zu einer vollständigen Unterdrückung der Knochenmarkproduktion führt. Diese Konditionierung wird häufiger bei älteren Menschen und bei bestimmten Krankheiten angewendet.

Die Knochenmarktransplantation ist vielen ein Begriff. Er umschreibt, dass die Blutstammzellen für die Transplantation aus dem Knochenmark stammen. Die Knochenmarkentnahme war für viele Jahre die einzige Möglichkeit, um Blutstammzellen zu gewinnen. In den letzten Jahren sind jedoch neue Blutstammzellquellen – wie beispielweise aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut – dazugekommen. Aus diesem Grund spricht man heute von Blutstammzelltransplantation und nicht mehr von der Knochenmarktransplantation.

Knochenmarkentnahme

Bei der Knochenmarkentnahme wird das Knochenmark mit einer Spritze und in mehrfachen Punktionen aus dem Beckenkamm entnommen. Die Entnahme erfolgt unter Vollnarkose und benötigt einen Spitalaufenthalt von ungefähr 2 bis 3 Tagen.

Periphere Blutstammzellen

Die Entnahme von peripheren Blutstammzellen erfolgt in der Regel ambulant. Einige Tage vor der Entnahme werden der Spenderin oder dem Spender Wachstumsfaktoren gespritzt, die das Knochenmark anregen sollen, vermehrt Blutstammzellen zu bilden und ins Blut auszuschütten. Die Spende selbst dauert 3 bis 6 Stunden.

Dabei wird über einen Venenkatheter Blut entnommen und zu einem Zellseparator geführt. Hier werden die Blutstammzellen vom Blut getrennt und gesammelt. Danach fliesst das restliche Blut über einen zweiten Venenkatheter in den Körper zurück. Dies nennt man Apheresespende.

Bei manchen Personen sind die Armvenen nicht ausreichend für eine Blutstammzellsammlung. In diesen Fällen muss ein zentraler Venenkatheter eingelegt werden. Dieser kann am Hals, unter dem Schlüsselbein oder in der Leiste eingelegt werden. Zur Einlage müssen die Spenderinnen oder Spender am Tag vor der Sammlung ins Spital eintreten. 

Die besondere Quelle: Nabelschnurblutstammzellen

Im Nabelschnurblut neugeborener Kinder befindet sich ein grosser Anteil an blutbildenden Stammzellen – die Nabelschnurblutstammzellen.

Diese können – mit ausdrücklicher Zustimmung der Eltern – nach der Geburt und der Durchtrennung der Nabelschnur aus der Plazenta (Mutterkuchen) und der Nabelschnur gewonnen werden. Diese Entnahmeart ist ohne Risiko für Mutter und Kind. Die so gewonnenen Blutstammzellen werden eingefroren und in Nabelschnurblutbanken anonymisiert gelagert.

Häufig ist es eine schwierige Entscheidung, welche Blutstammzellquelle für eine Patientin oder einen Patienten ausgewählt werden soll. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle. In jedem Fall beachten wir den Entscheid der spendenden Person, welche Art der Blutstammzellspende sie machen möchte.

Bei gewissen Erkrankungen bevorzugen wir bestimmte Blutstammzellquellen. Generell kann aber gesagt werden, dass die Blutstammzellquellen mit geringen Unterschieden miteinander vergleichbar sind und je nach Verfügbarkeit verwendet werden.

5. Ablauf der allogenen Blutstammzelltransplantation

Bei der Blutstammzelltransplantation unterscheiden wir verschiedene Phasen.

In der Abklärungsphase werden bei Ihnen verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um etwaige Risiken auszuschliessen, die Sie während der Transplantation gefährden könnten. Mit der Transplantation beginnen wir erst, wenn wir alle diese Resultate überprüft und Sie für die Transplantation freigegeben haben.

Danach beginnt die Konditionierungsphase, in der Sie eine Chemotherapie erhalten, die teilweise durch eine Bestrahlungstherapie ergänzt wird. Diese Phase dauert etwa eine Woche.

Die nächste Phase ist die eigentliche Transplantation, die in der Regel nur wenige Minuten bis Stunden dauert. Während dieser Zeit werden Ihnen die Blutstammzellen als intravenöse Infusion – wie bei einer Bluttransfusion – verabreicht. Die Zellen können in frisch gewonnenem Zustand oder aber nach Einfrieren und Auftauen verabreicht werden.

Auch die Zeit nach der Transplantation kann in verschiedene Phasen unterteilt werden. In den ersten Wochen nach der Transplantation steht die fehlende Blutbildung im Vordergrund. Dies wird als Aplasiephase bezeichnet. Am Ende der Aplasiephase beginnen die Blutstammzellen der Spenderin oder des Spenders genügend Blutzellen zu produzieren. Dies führt häufig dazu, dass Sie sich besser fühlen.

Dennoch werden Sie einige Zeit der Erholung brauchen, die wir als Erholungsphase bezeichnen. Nach der Erholung können die meisten Patientinnen und Patienten nach Hause oder in eine Rehabilitation gehen.

Die Transplantation ist mit der Entlassung aber nicht zu Ende. Auch ambulant können Probleme auftreten, deshalb sollten bei Ihnen regelmässige medizinische Kontrollen durchgeführt werden (Nachsorge). Generell ist die Blutstammzelltransplantation eine Therapie, die «lebenslänglich» Nachwirkungen haben kann, weshalb transplantierte Personen auch regelmässig durch das Transplantationsteam kontrolliert werden sollten.

Die Transplantation im Überblick

Abklärungsphase

Vor Beginn der Transplantation müssen wir sicher sein, dass keine gesundheitlichen Probleme bestehen, die Sie während der Transplantation gefährden könnten. Es wird nochmals geprüft, ob jetzt die Voraussetzungen für eine Transplantation gegeben sind. Alle Resultate werden durch Ihre Ärztin oder Ihren Arzt vor Beginn der Transplantation kontrolliert.

Sollte sich bei diesen Untersuchungen etwas herausstellen, das Sie während der Transplantation gefährden kann oder die Bedingungen für die Transplantation verändert, müssen wir die Transplantation eventuell verschieben oder sogar absagen. Sollte ein solcher Fall eintreten, werden wir unsere Entscheidung genau mit Ihnen besprechen.

In der Regel werden wir Ihre medizinische Geschichte im Detail nochmals anschauen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Ärztin oder dem Arzt, die oder der Sie bisher behandelt hat. Zusätzlich werden eine Computertomographie, ein Herzultraschall, eine Lungenfunktion, eine Knochenmarkuntersuchung, eine erweiterte Blutentnahme und eine körperliche Untersuchung durchgeführt.

Im Rahmen dieser Abklärung werden auch regelmässig bei allen Patientinnen und Patienten verschiedene Viruserkrankungen inklusive AIDS (HIV) und Gelbsucht (Hepatitis) getestet.

Je nach Ihrer Vorerkrankung können auch noch Untersuchungen durch Spezialistinnen und Spezialisten z.B. für Augenheilkunde, Gynäkologie oder Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen hinzukommen. Die Untersuchungen können ambulant oder stationär durchgeführt werden.

Im Rahmen der Vorabklärungen erhalten Sie die Möglichkeit, die Abteilung und die Zimmer zu besichtigen. Meist werden Sie von einer Pflegefachperson durch die Abteilung geführt und können Fragen über den praktischen Ablauf und den Alltag in der Transplantationsstation stellen.

Am Eintrittstag werden Sie in Ihrem Transplantationszentrum aufgenommen. Sie können sich direkt vor Ort mit den Örtlichkeiten und Eigenheiten des Zentrums und den Räumlichkeiten vertraut machen. Sie bekommen Informationen über eine Vielzahl von verschiedenen Massnahmen (zum Beispiel zur Körperpflege, zur Ernährung, zur allgemeinen Sauberkeit, zum allgemeinen Verhalten auf der Transplantationsstation sowie über Verhaltensmassnahmen für Besucherinnen und Besucher).

In den ersten Tagen wird Ihnen ein «zentraler Venenkatheter» gelegt. Unter örtlicher Betäubung, bei Kindern unter Allgemeinnarkose, wird unterhalb des Schlüsselbeins eine grosse Vene mit einer Hohlnadel punktiert, durch die ein dünner Plastikschlauch in die Vene vorgeschoben werden kann. Gelegentlich wird der zentrale Venenkatheter auch am Hals eingelegt, falls der Zugang unter dem Schlüsselbein nicht möglich ist. In gewissen Zentren werden auch sogenannte «PICC Lines» gelegt. Das sind lange Katheter, die in der Ellenbeuge eingeführt werden, aber deren Spitze zentral zu liegen kommt.

Dieser Plastikschlauch wird während des ganzen Aufenthaltes belassen und muss in der Regel nicht gewechselt werden. Mit Hilfe dieses Venenkatheters ist es möglich, alle weiteren Blutentnahmen für Laboruntersuchungen vorzunehmen sowie Medikamente, Flüssigkeit, Nährstoffe und Transfusionen zu verabreichen, ohne dass jedes Mal neu «gestochen» werden muss.

Konditionierungsphase

Die Vorbehandlung (Chemotherapie) vor der eigentlichen Transplantation hat zum Ziel, die leukämischen Zellen bzw. die kranken Blutstammzellen abzutöten. Gleichzeitig muss damit auch das Abwehrsystem unterdrückt werden, damit das Transplantat vom Körper angenommen wird. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine intensive Behandlung mit einer Chemotherapie und teilweise mit einer Ganzkörperbestrahlung notwendig.

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Vorbehandlungen, die je nach Krankheit von Ihrem ärztlichen Behandlungsteam ausgewählt werden. Da die Vorbehandlung jede Art von Zellneubildung im Körper hemmt (also nicht nur diejenige von Leukämie-Zellen), führt sie leider auch zu unerwünschten Nebenwirkungen, auf die wir später noch im Detail eingehen werden.

Transplantationsphase

Unter einer Transplantation stellt man sich im Allgemeinen eine grosse Operation in einem Operationssaal vor. Die Blutstammzelltransplantation hingegen findet in der Regel in Ihrem Patientenzimmer und ohne operativen Eingriff statt. Die Blutstammzellen befinden sich in einem Beutel und werden Ihnen wie eine Bluttransfusion durch den zentralen Venenkatheter verabreicht. Die Transplantation ist normalerweise sehr gut verträglich, Sie werden nicht viel spüren. Bei wenigen Personen kann es jedoch zu Reaktionen während der Infusion kommen. Aus diesem Grund wird während der ganzen Zeit der Transplantation eine Fachperson im Zimmer anwesend sein.

Aplasiephase

Die Phase der fehlenden Blutproduktion oder Aplasie tritt normalerweise wenige Tage nach der Transplantation ein. Sie dauert ein bis drei Wochen. Das hängt jedoch von der Konditionierung ab, die Sie vor der Transplantation erhalten haben. Während dieser Zeit haben Sie ein erhöhtes Infektionsrisiko und müssen meist Blutprodukte erhalten. Wir werden Sie während dieser Phase sehr genau beobachten und täglich Ihr Blut kontrollieren. Dadurch können wir sehr schnell auf Veränderungen reagieren und Sie entsprechend behandeln.

Häufig treten in dieser Phase auch Schmerzen beim Schlucken (Mucositis) auf und Sie können sich für einige Zeit nicht mehr selbst genügend ernähren. Während dieser Zeit werden wir Sie voraussichtlich durch eine künstliche Ernährung über die Venen versorgen und Schmerzmittel verabreichen.

Erholungsphase

Die Erholungsphase schliesst sich an die Aplasie an. Während dieser Zeit geht es vor allem darum, dass Sie wieder zu Kräften kommen und dass Sie möglichst gut vorbereitet sind für die Rückkehr nach Hause. Das heisst auch, dass Sie die notwendigen Medikamente als Tabletten einnehmen und ausreichend Nahrung zu sich nehmen können. Sobald Sie sich genügend erholt haben, können Sie die Abteilung verlassen und nach Hause zurückkehren. Bei einigen Patientinnen und Patienten empfiehlt es sich, vorher noch eine Rehabilitation zu machen. Falls wir dies für notwendig erachten, werden wir es im Verlauf der Hospitalisation mit Ihnen besprechen.

6. Praktische Aspekte der allogenen Blutstammzelltransplantation

Dieses Kapitel ist ein wichtiger Teil der Patienteninformation und sollte aufmerksam gelesen werden. Denn im Gegensatz zu den vorgängigen, eher theoretischen Kapiteln umfasst es viele praktische Aspekte der Blutstammzelltransplantation: Es werden sowohl wesentliche praxisbezogene Punkte der stationären als auch der ambulanten Phase beschrieben und soll in erster Linie als Hilfestellung in praktischen Aspekten für Sie und Ihre Angehörigen dienen.

6.1. Isolation

Bei der Besichtigung des Transplantationszentrums werden Sie sich fragen, warum die Transplantation unter so strengen Isolationsbedingungen durchgeführt werden muss. Der Grund dafür ist, dass während der Transplantationsphase die körpereigenen Abwehrkräfte über mehrere Wochen ausgeschaltet sind. Die Abtrennung des Transplantationszentrums vom üblichen Spitalbetrieb erlaubt die Schaffung einer Zone mit niedrigem Infektionsrisiko.

Für alle Patientinnen und Patienten stehen daher spezielle Räumlichkeiten bereit, die es erlauben, das Risiko einer Infektion während der Hospitalisation zu vermindern. Aber auch mit den besten Isolationsmassnahmen kann das Risiko nicht auf null gesenkt werden, da Infektionen oftmals durch Keime auf Ihrer Haut oder im Darmtrakt entstehen.

Die Isolationsmassnahmen sollen gleichzeitig auch verhindern, dass Keime von einer Person zur nächsten verschleppt werden. Diese Verschleppung kann insbesondere bei Keimen, die gegen verschiedene Antibiotika resistent sind, zu einem Problem für Patientinnen und Patienten werden.

Die meisten Betroffenen benötigen nicht während der gesamten Hospitalisation eine strikte Isolation, sondern nur während der Zeit der besonderen Gefährdung, insbesondere während der Aplasie. Danach können Sie auch für eine gewisse Zeit auf die normale Abteilung verlegt werden, bevor Sie wieder nach Hause gehen.

Die Infektionsquellen sind vielfältig: Luft, Wasser, Nahrungsmittel, Patientinnen und Patienten, Personal, Besucherinnen und Besucher. Selbst Bakterien und Pilze, die einem gesunden Menschen nichts anzuhaben vermögen, könnten für Sie gefährlich werden. Zur Sicherheit sind deshalb die Zugänge zur Station geschlossen. Die Türen der Patientenzimmer sind ebenfalls geschlossen, auch die Fenster des Transplantationszentrums sind verriegelt.

Blumen und Pflanzen sind häufig Überträger von Infektionen und sind deshalb auf der Transplantationsabteilung strikt verboten.

Während der Isolation ist es zu Ihrem eigenen Schutz nicht erlaubt, aus dem Zimmer zu gehen und die Station zu verlassen. Sie verlassen die Isolation nur dann, wenn eine Untersuchung aus technischen Gründen nicht in der Isolation durchgeführt werden kann. Sie tragen dann einen Mundschutz und eine Überschürze. Nach Verlassen der Isolation wie bei der Rückkehr müssen die Hände desinfiziert werden.

Viele Sachen, die Ihnen persönlich wichtig sind, können Sie auch während Ihres Spitalaufenthaltes mitbringen. Auch können Sie in eingeschränkter Form Hobbies weiterführen. Alle Gegenstände, die Sie in das Isolationszimmer mitnehmen möchten, unterliegen aber den Regeln der Isolation und der Hygiene. Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrem Transplantationszentrum nach den örtlichen Regeln.

Kleidung

Das Tragen eigener Kleidung (Pyjama, Morgenmantel, Unterwäsche, Hausschuhe, Sportanzug, T-Shirts /Oberbekleidung etc.) ist in beschränktem Mass erlaubt. Alle Kleider müssen frisch gewaschen sein.

Unterhaltung

Sie dürfen Gegenstände wie Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Bilder, Fotos, Laptops, Musikanlagen und CDs für die Zeit Ihres Spitalaufenthaltes mitbringen. Musikanlagen, Fernsehgeräte und in beschränktem Umfang Bücher sind aber auch auf der Station vorhanden. Lassen Sie sich vom Team der Transplantationsstation beraten.

Kreative Beschäftigungen

Wir unterstützen kreative Tätigkeiten (z. B. Musizieren, Basteln, Stricken, Fotografieren). Sie sollten aber andere Patientinnen und Patienten sowie Angehörige nicht stören.

Unterhaltung

Nutzen Sie die Möglichkeit von Radio oder TV-Geräten. Benutzen Sie den mitgebrachten Laptop (Internetanschluss vorhanden). Es steht in jedem Zimmer ein Telefon zur Verfügung.

Spiele und Sport

Körperliche Aktivitäten helfen, den Bewegungsmangel und Verlust an Kraft in der Isolation etwas auszugleichen. Spielen Sie (alleine und mit Besuchenden) z. B. Karten, Schach, Legespiele, Puzzle.

6.2. Selbstbestimmung – Autonomie

Viele Erkrankte erleben die Diagnose als unerwarteten Einschnitt in ihr Leben. Plötzlich ist alles nicht mehr so, wie es einmal war.

Die meisten Betroffenen, und bei erkrankten Kindern die Eltern, begreifen nach dem ersten Schock schnell, dass eine Chance auf Heilung oder günstige Beeinflussung der Krankheit besteht. Sie entschliessen sich zu dieser Therapie. Sie nehmen die Herausforderung der schwierigen Behandlung an.

Wenn der Entscheid für diese Therapie zusammen mit Ihnen getroffen ist und die Behandlung begonnen hat, wird der Rahmen Ihrer Mitbestimmung oft relativ eng. Dieser Kontrollverlust wird von vielen Patientinnen und Patienten als unangenehm empfunden. Im Rahmen des Möglichen versuchen wir, Ihnen möglichst viel Selbstkontrolle oder Autonomie zu geben.

Bei verschiedenen Punkten wie zum Beispiel der Körperhygiene, der Medikamenteneinnahme, aber auch der Erkennung von Körpersymptomen benötigen wir Ihre aktive Mithilfe. Dadurch können Sie einen wichtigen Anteil zum Gelingen des Ganzen beitragen und Ihre Unabhängigkeit im Rahmen des Möglichen bewahren. Ihr Beitrag hilft auch, die Zeit in der Isolation besser und schneller hinter sich zu bringen.

In den folgenden Abschnitten zeigen wir Ihnen einige Punkte auf, bei denen Sie während der Isolation mithelfen können.

6.3. Medikamenteneinnahme

Medikamente sind für das Gelingen einer Blutstammzelltransplantation sehr wichtig. Dabei ist auch die zeitgerechte Einnahme der Medikamente von grosser Bedeutung. Hierbei brauchen wir Ihre aktive Mithilfe.

  • Versuchen Sie alle Medikamente, die wir Ihnen geben, zeitgerecht einzunehmen. Die genaue Einnahme werden wir mit Ihnen besprechen.
  • Gegebenenfalls können Sie auch einen Medikamentenschieber bekommen, um nicht den Überblick zu verlieren. Das gilt vor allem auch nach der Hospitalisation, wenn Sie wieder zu Hause sind.
  • Wir wissen, dass wir Sie mit der Medikamenteneinnahme manchmal auf eine schwere Probe stellen. Lassen Sie uns wissen, wenn Sie ein Medikament nicht richtig einnehmen können. Möglicherweise können wir Ihnen einen guten Rat geben oder das Medikament austauschen.
  • Teilen Sie uns bitte auch mit, wenn Sie an Nebenwirkungen eines Medikaments leiden oder wenn Sie glauben, dass es nicht die gewünschte Wirkung zeigt.

6.4. Körperliche Aktivität

Nein, körperliche Aktivität während und nach der Transplantation ist nicht gefährlich. Häufig führt sie dazu, dass Sie sich besser fühlen und Ihre Kraft und Ausdauer wieder erlangen. Sie sollten sich jedoch nicht Überfordern und langsam wieder damit anfangen. Gönnen Sie sich auch die entsprechenden Ruhepausen. Diese sind für Ihren Körper ebenso wichtig wie die körperliche Aktivität. Hier geben wir Ihnen einige Tipps, was Sie dafür machen können:

  • Übernehmen Sie bitte die Verantwortung für die tägliche körperliche Bewegung.
  • Fragen Sie nach Anregungen zu Bewegungsübungen. Die Physiotherapeutinnen und -therapeuten zeigen Ihnen gerne einige Übungen zum Selbermachen.
  • Machen Sie bei der Physiotherapie mit.
  • Bleiben Sie bitte nicht den ganzen Tag im Bett liegen.
  • Versuchen Sie, z. B. trotz Fieber, Müdigkeit, Lustlosigkeit, mehrfach am Tag einige Zeit ausserhalb des Betts zu verbringen.
  • Nehmen Sie sich vor, z. B. jede Mahlzeit am Tisch einzunehmen. Ihr Kreislauf wird damit angeregt.
  • Auch im Bett können Sie einzelne Muskeln trainieren. Lassen Sie sich durch das Physiotherapieteam die entsprechenden Übungen zeigen.
  • Bei tiefen Blutplättchen (Thrombozytopenie) kann es leichter zu Blutungen kommen. Dennoch müssen Sie nicht auf körperliche Aktivität verzichten. Sie sollten jedoch während dieser Zeit Übungen nur in Rücksprache mit der Physiotherapie machen.
  • Übernehmen Sie bitte die Verantwortung für Ablenkungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.
  • Aktivitäten, bei denen Sie auch von Angehörigen sowie Freundinnen oder Freunden unterstützt werden können, lenken von den Nebenwirkungen ab.

6.5. Fragen, Ängste und Widersprüche

Es ist wichtig, dass Sie während der Visiten mit dem behandelnden Ärzteteam und den Pflegefachpersonen sprechen und Ihre Beobachtungen und Ängste mitteilen. Oft ist es hilfreich, wenn Sie sich Ihre Fragen aufschreiben.

Während der Blutstammzelltransplantation erhalten Sie eine Vielzahl von Informationen von verschiedenen Personen. Wir sind uns bewusst, dass es in einem grossen Behandlungsteam manchmal vorkommen kann, dass widersprüchliche Aussagen gemacht werden. Gründe dafür können neue Befunde oder ein Wechsel der Medikamententherapie sein. Sprechen Sie mit dem Ärzteteam und dem Pflegefachpersonal über solche Widersprüche.

Sie bekommen in regelmässigen Abständen neue Infusionen, Medikamente über die Infusionsleitung und Tabletten. Immer wieder kommen Personen aus dem behandelnden Team, um etwas mit Ihnen zu besprechen oder Sie zu informieren und Sie zu etwas aufzufordern. Es sind sehr viele Informationen und manchmal führt dies zu Verwirrungen. Diese können häufig dadurch erklärt werden, dass es im Laufe des Tages zu Änderungen der Therapie gekommen ist, die wir mit Ihnen während der Visite noch nicht besprechen konnten.

Sprechen Sie bei Unsicherheiten und Ängsten auch mit Personen der anderen Dienste. Dazu gehören Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeiterinnen und –arbeiter, Seelsorgende und Mitglieder verschiedener Selbsthilfegruppen. Wir vermitteln Ihnen gerne Kontakte.

6.6. Körperliche Symptome

Die Behandlung Ihrer Krankheit stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten.

Einen grossen Teil der Therapie und Behandlungsmassnahmen übernimmt das behandelnde Team des Transplantationszentrums.

Aber auch Sie selbst können einen wichtigen Beitrag leisten:

  • Teilen Sie uns sofort mit, wenn Sie sich unwohl fühlen oder wenn sich etwas bei Ihnen verändert hat. Dies gilt auch für Beobachtungen, die Sie als Eltern bei Ihrem betroffenen Kind machen.
  • Teilen Sie uns sofort mit, wenn Sie Sorgen oder Bedenken oder wenn Sie Ängste und Befürchtungen wegen Ihres Zustands haben.
  • Sagen Sie uns, wenn Sie etwas nicht verstehen oder mit etwas nicht einverstanden sind. Wir brauchen Ihre persönliche Rückmeldung!

Lassen Sie uns wissen, wenn Sie neue oder unbekannte Symptome oder Veränderungen an Ihrem Körper beobachten oder spüren. Insbesondere bitten wir Sie, uns folgende Symptome unbedingt mitzuteilen:

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Frieren oder Schwitzen
  • Fieber
  • Hautveränderungen
  • Veränderungen des Stuhlganges oder der Urinausscheidung
  • Schwindel oder Herzrasen
  • Blutungen
  • Atemprobleme
  • Sturz oder Verletzungen

6.7. Übelkeit und Erbrechen

  • Übelkeit bezeichnet das Gefühl des Unwohlseins, ähnlich einem Krankheitsgefühl, bei dem die Patientin, der Patient erbrechen möchte. Übelkeit kann mit oder ohne Erbrechen vorkommen. Übelkeit und Erbrechen treten häufig während der Konditionierung, aber auch nach der Transplantation auf.
  • Informieren Sie schon bei geringsten Anzeichen von Unwohlsein das Pflegefachpersonal. Übelkeit und Erbrechen beginnen mit einer kleinsten wahrnehmbaren Verschlechterung des Wohlbefindens im Magenbereich.
  • Übelkeit und Erbrechen können in den meisten Fällen mit Medikamenten gut behandelt werden. Dazu ist es notwendig, dass Sie und das behandelnde Team gut zusammenarbeiten und Sie über das Ausmass der Übelkeit informieren. Dabei helfen auch Ihre Erfahrungen, die Sie bei früheren Chemotherapien gemacht haben.
  • Die Dosierung der Medikamente wird täglich Ihren Bedürfnissen angepasst.
  • Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen können Nebenwirkungen erzeugen wie Müdigkeit, Benommenheit, Verwirrtheit, Mundtrockenheit oder Kopfschmerzen.
  • Entspannungsübungen, gelenkte Phantasiereisen, Akupressur oder andere Methoden können geeignet sein, Übelkeit und Erbrechen zu vermindern.
  • Alternative Techniken haben in der Regel nur dann zusammen mit der medikamentösen Therapie Erfolg, wenn sie von der betroffenen Person akzeptiert werden.

Nebenwirkungen wie Übelkeit/Erbrechen, Angst/Anspannung und Schmerzen treten sehr häufig während einer Transplantation auf und können meist durch Medikamente gut kontrolliert werden. Um die richtige Dosierung der Medikamente gegen diese Probleme zu finden, ist es wichtig, dass wir das Ausmass dieser Probleme abschätzen können. Dies geschieht mit einer speziellen Skala zur Selbsteinschätzung, die sogenannte visuelle analoge Skala (VAS). Auf dieser Skala können Sie das Ausmass Ihrer Symptome von 0 bis 10 angeben. Wir können an den Werten gut erkennen, wie sich Ihre Befindlichkeit entwickelt und welche Wirkung unsere Massnahmen haben.

6.8. Verwirrung

Verwirrung bedeutet Verlust der Orientierung und eine Störung Ihres klaren Denkens. Ein akuter Verwirrtheitszustand wird auch als Delir bezeichnet. Ein Delir dauert meist wenige Stunden oder wenige Tage, ist aber sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen sehr beängstigend. Im Rahmen einer Blutstammzelltransplantation können Verwirrungszustände auftreten. Diese sind aber glücklicherweise relativ selten.

Verwirrungszustände können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden. Auswirkungen der Krankheit, Nebenwirkungen von Medikamenten, hohes Fieber und Stress können alle Ursache dafür sein. Meist ist es jedoch eine Kombination von verschiedenen Faktoren, die zur Verwirrung führen. Es kann leider nicht immer mit Sicherheit ein Grund für eine Verwirrung gefunden werden.

Die meisten Verwirrungszustände sind nur von kurzer Dauer, nach wenigen Tagen hat sich die Situation bereits wieder normalisiert. Während dieser Zeit benötigen die Personen jedoch Hilfe und müssen teilweise mit Medikamenten beruhigt werden.

Die Veränderungen Ihres Denkens und Bewusstseins, beziehungsweise bei Ihrem Kind, können leicht oder auch stärker ausgeprägt sein. Manchmal können Sie das bereits vor dem eigentlichen Delir bemerken, indem die Körperwahrnehmung, das Denken oder die Orientierung gestört sind. Einige Beispiele finden Sie hier aufgelistet:

  • Sie fühlen sich unruhig und nervös.
  • Sie kennen das Datum und die Tageszeit nicht.
  • Sie sehen, hören oder riechen Dinge, die nicht vorhanden sind.
  • Sie denken, irgendwo anders zu sein.
  • Sie können Gesprächen nicht folgen und geben unpassende Antworten.
  • Sie schlafen während eines Gespräches ein.
  • Sie werden durch Reize der Umgebung schnell abgelenkt.
  • Sie können einen Satz nicht konzentriert zu Ende denken.
  • Ihr Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis ist gestört.
  • Sie haben einen veränderten Tag- und Nachtrhythmus.
  • Sie können Ihre Handlungen nicht planen wie sonst.
  • Benachrichtigen Sie schon bei geringen Anzeichen die Ärztin, den Arzt oder das Pflegefachpersonal.
  • Gestalten Sie Ihr Zimmer mit privaten Gegenständen, die Ihnen Orientierung geben. Hängen Sie z. B. einen eigenen Kalender, Bilder und Fotos auf.
  • Bringen Sie eine eigene Uhr und Lieblingsgegenstände mit.
  • Suchen Sie sich Beschäftigung. Fordern Sie Ihr Denkvermögen heraus (z. B. durch Lesen, Kartenspielen, Lösen von Kreuzworträtseln und Sudoku).
  • Betätigen Sie sich in Absprache mit dem Pflegefachpersonal oder dem ärztlichen Behandlungsteam körperlich.
  • Wir sorgen für Ihre Sicherheit, z. B. eine Pflegefachperson bleibt bei Ihnen im Zimmer, wenn Sie sich unwohl oder ängstlich fühlen.
  • Wir planen mit Ihnen gemeinsam den Tagesablauf.
  • Wir fördern und unterstützen Sie in Ihren Aktivitäten.
  • Wir führen dauernd die Krankenbeobachtung durch.
  • Wir schätzen laufend das Risiko für eine Verletzung ein (Sturzgefahr etc.) und leiten gezielte Massnahmen ein.
  • Wir geben gezielt Medikamente, die das Delir behandeln.

6.9. Körperpflege

Die Körperpflege ist während und nach der Transplantation sehr wichtig. Wir bitten Sie, diese regelmässig einzuhalten. Gleichzeitig sollten Sie während der Körperhygiene Ihre Haut beobachten und Ihre Beobachtungen dem Transplantationsteam mitteilen.

Die Regeln zur Körperhygiene während der Hospitalisation und der Phase nach dem Spitalaufenthalt unterscheiden sich nur geringfügig und werden hier gleichzeitig erklärt.

Bei Kindern wird die Körperpflege in der Regel während des Spitalaufenthaltes durch Pflegefachpersonen übernommen. Als Eltern können Sie diese Aufgabe aber zu Hause übernehmen.

Waschen oder Duschen

Waschen oder duschen Sie sich einmal täglich gründlich mit der bereitgestellten Flüssigseife. Danach müssen Sie den ganzen Körper mit Hautcreme  einreiben. Die Seife trocknet die Haut aus. Trockene Haut ist durchlässiger für Keime.

Mundpflege

Eine gute Mundpflege ist unerlässlich. Spülen und gurgeln Sie regelmässig nach der Zahnpflege mit den angebotenen, verordneten Spüllösungen. Bei Kindern wird die Mundpflege in der Regel durch Pflegefachpersonen übernommen.

Zahnpflege

Eine gute Zahnpflege ist wichtig.

  • Putzen Sie bitte Ihre Zähne nach jeder Mahlzeit oder morgens, mittags und abends sanft und sorgfältig mit einer weichen Zahnbürste.
  • Während der Aplasie sollten Sie keine Zahnseide oder Zahnstocher verwenden, da es dadurch zu Verletzungen der Mundschleimhaut kommen kann.
  • Vermeiden Sie zu stark schäumende Zahncreme, da diese Übelkeit auslösen kann.

Nase

Wenn Sie zu Krustenbildung in der Nase und trockener Nasenschleimhaut neigen, tragen Sie bitte regelmässig eine Nasensalbe in die Nase ein. Vermeiden Sie die Krustenentfernung («Knübeln») und starkes «Schnäuzen». Sie können damit Nasenbluten auslösen.

Haare

  • Durch die Therapie werden je nach Intensität der Konditionierung die Haare ausfallen. Als Übergang, bis die neuen Haare nachgewachsen sind, können Sie eine Perücke tragen. Damit die Perücke möglichst Ihren eigenen Haaren entspricht, sollte die Perücke bereits vor dem Ausfallen angepasst werden. Wir empfehlen Ihnen deshalb, bereits vor dem Haarausfall einen Termin bei einer Coiffeuse oder einem Coiffeur zu vereinbaren, damit sie oder er sich ein Bild Ihrer natürlichen Haare machen kann. Die Transplantationszentren haben oft einen dafür spezialisierten Dienst. Wir können Ihnen bei der Organisation gerne behilflich sein.
  • Sie können als Kopfbedeckung auch ein Tuch, eine Mütze oder einen «Turban» tragen.
  • Wir empfehlen Ihnen einen kurzen Haarschnitt bei Eintritt, da dies während des Haarausfalles angenehmer ist. Die Entscheidung dazu liegt aber bei Ihnen.

Rasur

Bitte rasieren Sie sich mit einem elektrischen Rasierer. Die Nassrasur ist wegen der Verletzungsgefahr verboten.

Nagelpflege

Verzichten Sie wegen der Verletzungsgefahr auf die eigenständige Nagelpflege.

Kosmetik

Die Verwendung von Kosmetika kann Ihre Haut reizen. Sie sollten darauf verzichten.

Eine gründliche Handreinigung ist eine wichtige Massnahme zur Verhinderung von Infektionen.

Befeuchten Sie Ihre Hände vollständig mit Wasser. Seifen Sie Ihre Hände vollständig ein. Danach waschen Sie die Hände mit fliessendem Wasser ab. Trocknen Sie die Hände gut ab.

Anschliessend erfolgt eine gründliche Händedesinfektion mit einem Desinfektionsmittel.

Befeuchten Sie Ihre trockenen Hände mit 2 Hüben des Desinfektionsmittels. Verreiben Sie die Flüssigkeit gründlich, auch zwischen den Fingern, Fingerkuppen und Handrücken, bis die Hände vollständig trocken sind.

Die Hände sollten auf jeden Fall in den folgenden Situationen gewaschen werden:

  • Nach dem Toilettenbesuch
  • Vor und nach dem Kochen
  • Nach der Gartenarbeit oder Kontakt mit Pflanzen oder Erde
  • Nach dem Berührung von Tieren
  • Nach dem Wechseln von Windeln
  • Nach dem Berühren von Gegenständen, die eventuell mit Urin oder Stuhl in Berührung gekommen sind (z. B. Kleider beim Waschen)

6.10. Fieber und Infektionen

Ihre Körperabwehr ist nach einer Transplantation nicht voll funktionstüchtig, zudem nehmen Sie Medikamente ein, die die Körperabwehr weiter schwächen. Es können deshalb während der Hospitalisation, aber auch nach Entlassung Fieber und Schüttelfrost auftreten.

Fieber und Schüttelfrost oder generell eine Verschlechterung Ihres Allgemeinzustandes sind Alarmzeichen Ihres Körpers und deuten auf eine Infektion hin. Dies sollten Sie unbedingt ernst nehmen. Wenn diese Symptome auftreten, sollten Sie unverzüglich mit ihrem Transplantationszentrum Kontakt aufnehmen. Häufig benötigen Sie eine Antibiotikatherapie. Zögern Sie auch nicht, in der Nacht oder an Wochenenden anzurufen, da Infektionen nach einer Transplantation möglichst früh behandelt werden sollten.

Um Infektionen zu vermeiden, benötigen wir während der Hospitalisation, aber auch danach Ihre aktive Mithilfe. Generell sollten Sie die Hygienerichtlinien einhalten, die wir im vorgängigen Kapitel beschrieben haben.

Zu Hause können einige einfache Regeln helfen, um Infektionen zu vermeiden:

Infektionsprophylaxen

Nach der Transplantation müssen Sie häufig prophylaktische Medikamente gegen Infektionen einnehmen. Diese sollten Sie genau nach den Vorgaben der behandelnden Ärzte einnehmen, auch wenn es bedeutet, noch weitere Tabletten zu schlucken.

Nach der Transplantation werden wir regelmässig Ihren Gehalt an Antikörpern im Blut messen. Antikörper sind lösliche Abwehrkräfte, die normalerweise durch das Immunsystem produziert werden. Falls die Werte zu tief sind, werden wir diese durch Infusionen von menschlichen Antikörpern (Immunglobuline) ersetzen.

Wohnung/Haus

Generell können Sie nach der Entlassung wieder in Ihre gewohnte Umgebung zurückkehren. Sie sollten aber einige Punkte beachten.

  • Staub enthält Pilze und Bakterien. Deshalb sollten Sie auf eine möglichst staubarme Umgebung zu Hause achten. Wir empfehlen, den Staub regelmässig mit einem feuchten Lappen aufzunehmen.
  • Bauarbeiten führen zu Staubbildung, der häufig Pilze enthält. Deshalb sollten Sie Bauarbeiten in Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung nicht während der ersten Zeit nach der Transplantation planen.

Garten

Auch im Garten gibt es häufig Pilze und Bakterien, vor allem in der Erde und auf den Pflanzen. Sie müssen nicht ganz auf den Garten verzichten und können Zeit darin verbringen.

  • Arbeiten Sie jedoch nicht im Garten (auch nicht mit dem Kompost), solange Sie noch eine Immunsuppression einnehmen, da Sie dadurch einem hohen Risiko für Pilzinfektionen ausgesetzt sind.
  • In jedem Fall sollten Sie während der Gartenarbeit Handschuhe tragen.
  • Während Sie im Garten sind, beachten Sie unbedingt den Sonnenschutz.
  • Nach dem Aufenthalt im Garten sollten Sie Ihre Hände waschen.

Küche

  • Die Hände sollten jedes Mal vor und nach dem Kochen gewaschen werden.
  • Alle Küchenutensilien sollten gut gereinigt sein.
  • Alle Nahrungsmittel sollten sicher und sauber verstaut werden.
  • Es sollten keine Nahrungsmittel gegessen werden, die bereits verfallen sind.

Familie und Kinder

  • Familiäre Kontakte sind üblicherweise unproblematisch.
  • Kleinkinder können in den Monaten von November bis April leicht Träger von Keimen des Atmungstrakts sein. Im Verdachtsfall kann ein Schnellabstrich durch die Kinderärztin oder den Kinderarzt Klarheit schaffen. Bei Bestätigung einer Ansteckung sind vorbeugende Massnahmen und Behandlungen – in Abhängigkeit vom Körperabwehrsystem – zu klären.
  • Alle Familienmitglieder, die im gleichen Haushalt leben oder häufigen Kontakt zu Ihnen haben, sollten während der Wintermonate die Grippeimpfung erhalten. Sie können damit die Patientin, den Patienten schützen.

Tiere

  • Machen Sie keine Zoobesuche (Gefahr von Pilzinfektionen).
  • Haustiere nach einer Transplantation sind grundsätzlich erlaubt.
  • Berührungen mit dem Mund sind zu vermeiden.
  • Hände sollen nach Kontakt mit Tieren gründlich gewaschen werden.

Mundschutz

  • In der frühen Phase nach der Transplantation, vor allem solange Sie Medikamente zur Abwehrunterdrückung (Immunsuppressiva) einnehmen, tragen Sie zum Schutz vor Ansteckungen immer einen Mundschutz innerhalb des Spitals oder in Menschenansammlungen (z. B. im Tram, beim Einkauf, im Kino etc.). In einer späteren Phase kann nach Absprache mit Ihrem Behandlungsteam darauf verzichtet werden. Je nach epidemiologischer Viren-Situation kann das Tragen des Mundschutzes verlängert werden.
  • Meiden Sie Menschenansammlungen soweit wie möglich.
  • Zu Hause, im eigenen Zimmer und im Freien dürfen Sie auf den Mundschutz verzichten.

6.11. Immunschwäche

Generell hängt die Dauer der Abwehrschwäche von der Art der Transplantation, vom Auftreten einer GvHD (siehe Kapitel 7) und von der Dauer der Immunsuppression ab. Über die genaue Dauer der Abwehrschwäche kann man keine generellen Regeln aufstellen. Die Abwehrschwäche nach einer Blutstammzelltransplantation kann aber häufig ein Jahr oder mehr dauern. Ein geschwächtes Abwehrsystem erhöht die Gefahr von Infektionen. Infektionen können durch Bakterien, Viren oder Pilze verursacht werden.

Auch ein bis zwei Jahre nach Ihrer Transplantation kann das Abwehrsystem eventuell noch nicht in voller Stärke wieder ausgebildet sein. Ein Grund dafür kann sein, dass Sie noch Medikamente wegen einer Graft-versus-Host-Erkrankung einnehmen müssen. Patientinnen und Patienten mit einer Graft-versus-Host-Erkrankung haben ohnehin ein geschwächtes Abwehrsystem.

6.12. Müdigkeit und Konzentrationsstörungen

Körperlicher und psychischer Stress aufgrund der Transplantation bleibt nicht ohne Folgen auf Ihre Leistungsfähigkeit. Müdigkeit und Konzentrationsstörungen sind häufig geäusserte Probleme im ersten Jahr nach der Transplantation.

Beruhigend ist, dass sie meist vorübergehend sind und sich mit der Zeit legen. Es gibt verschiedene Strategien, um mit beiden Problemen umzugehen. Ihr Behandlungsteam wird gerne mit Ihnen versuchen, wirksame Strategien für die Alltagsbewältigung zu finden.

6.13. Ernährung

Während der Hospitalisation treten regelmässig Übelkeit, Appetitlosigkeit und Mundschleimhautentzündungen auf. Deshalb sind Patientinnen und Patienten häufig nicht in der Lage, ausreichend zu essen. Diese zunehmende Appetitlosigkeit tritt in der Regel im Laufe der ersten ein bis zwei Wochen während der Hospitalisation auf. Wir werden dann damit beginnen, Sie künstlich über die Vene zu ernähren (parenterale Ernährung). Dabei achten wir darauf, dass Sie genügend Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente erhalten.

Im Laufe der Hospitalisation werden wir versuchen, die Ernährung wieder umzustellen, so dass Sie Ihre notwendigen Kalorien wieder selbst zu sich nehmen können. Das ist häufig vor allem am Anfang schwierig und gelingt erst nach einigen Tagen bis Wochen. Häufig fehlt in dieser Phase weiterhin der Appetit.

Dennoch ist es notwendig, dass Sie «lernen», wieder genügend Kalorien zu sich zu nehmen, denn erst dann können wir Sie nach Hause entlassen. Während der gesamten Hospitalisation steht Ihnen ein Team der Ernährungsberatung zur Verfügung, das mit Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten und Menüs bespricht.

Einige wichtige Punkte sind im Folgenden aufgelistet:

  • Bakterien und Pilze befinden sich vor allem auf rohen und ungekochten Lebensmitteln. Aufgrund der verminderten Abwehr sollten Sie nur eigens in der Spitalküche vorbereitetes Essen oder ausgesuchte industriell hergestellte Lebensmittel zu sich nehmen.
  • Erlaubt sind also alle gekochten oder auf andere Art (z. B. pasteurisiert) keimarm gemachten Speisen und ausgewählte industriell hergestellte und verpackte Produkte wie z. B. Salzstangen, Schokolade ohne Nüsse.
  • Verboten sind
    • Nüsse
    • Ungeschältes Obst
    • Rohkost (Salate, usw.)
    • Rohe Pilze

Diese Einschränkungen müssen so lange beibehalten werden, bis Ihre Abwehrkraft wieder hergestellt ist. Falls Sie während der Behandlung nichts essen können, ernähren wir Sie mit einer speziellen Infusionslösung (parenterale Ernährung).

In solchen Situationen, wenn die Aufnahme fester Nahrung eingeschränkt und damit nicht mehr bedarfsdeckend ist, können Trinknahrungen und andere nährstoff-/vitaminreiche Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden.

Bitte beachten Sie:

  • Verwenden Sie keine Familienpackungen.
  • Brauchen Sie geöffnete Packungen innerhalb eines Tages auf.
  • Besuchende dürfen nur geeignete, abgepackte Lebensmittel in Kleinpackungen mitbringen.
  • Es ist nur kohlensäurehaltiges Mineralwasser erlaubt. Dieses muss nach einem Tag ausgewechselt werden.
  • Auch andere Getränke (z. B. Teewasser, Fruchtsäfte, Süssgetränke) müssen täglich ausgewechselt werden.

Ihre Krankheit und die Therapie können den Genuss von Speisen und Getränken aus mehreren Gründen beeinflussen:

  • Schmerzhafte Entzündungen der Mundschleimhaut
  • Beeinträchtigte Geschmacksempfindung durch Chemotherapie/Bestrahlung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Eingeschränkte Auswahl an Speisen (keimarm)

Eine ungenügende «normale» Ernährung kann durch spezielle Trinknahrungen mit verschiedenen Geschmacksrichtungen ergänzt werden. Es stehen protein- und/oder energiereiche Produkte, leicht säuerliche, joghurtähnliche Zusatznahrungen sowie Getränke auf Fruchtsaftbasis zur Verfügung. Alle diese Ergänzungsnahrungen sind angereichert mit Vitaminen und Mineralstoffen.

Zudem besteht die Möglichkeit, Getränke und Suppen mit Kohlenhydraten oder Proteinen anzureichern. Denken Sie auch daran, kleine Zwischenmahlzeiten als Ergänzung zu den Hauptmahlzeiten zu bestellen. Wir helfen Ihnen bei der Auswahl. Eine ausgewogene Ernährung ist für Ihre Genesung von grosser Bedeutung.

Wir verabreichen Ihnen bei Bedarf Infusionen aus speziell zusammengestellter Nährlösung (parenterale Ernährung). Sie wird über den zentralen Venenkatheter gegeben. Damit können Sie problemlos für längere Zeit ohne feste Nahrung bleiben.

6.14. Sexualität und Kinderwunsch

Sexuelle Probleme

Viele Transplantationspatientinnen und -patienten beschreiben sexuelle Probleme wie z. B. den Verlust von Interesse am Sex, Erektionsstörungen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Solche Probleme sollten mit der Ärztin oder dem Arzt besprochen werden, um eine optimale Behandlung zu finden.

Bei Männern kommt es häufig zum definitiven Ausfall der Samenbildung. Zwar ändert sich dadurch das Sexualleben nicht (Lustempfindung, Potenz, Samenerguss bleiben unverändert), aber die Zeugungsfähigkeit geht verloren.

Vor der Transplantation kann eine Fertilitätsreserve angelegt werden, das heisst, es werden Samenzellen aus einem oder mehreren Samenergüssen gewonnen und tiefgefroren. Mit tiefgefrorenem Samen kann auch nach Jahren eine Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung erzielt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass genügend lebensfähige Samenzellen im Samenerguss vorhanden sind, was wegen der vorangegangenen Behandlungen bei Leukämiepatienten nicht immer der Fall ist.

Das Einfrieren und Lagern von Spermien wird nicht immer durch Ihre Krankenkasse übernommen. Es werden Ihnen deshalb jährlich Kosten für die Lagerung entstehen. Bitte informieren Sie sich rechtzeitig vor der Transplantation bei Ihrem Behandlungsteam über die notwendigen Schritte, gegebenenfalls die Ansprechpersonen und die Kosten.

Bei Patientinnen führen Chemotherapie und/oder Ganzkörperbestrahlung fast immer zum Verlust der Eierstockfunktion und somit zur Sterilität, so dass es – abgesehen von wenigen Ausnahmen – nicht mehr zur Schwangerschaft kommen kann. Durch das Einfrieren von Eizellen oder durch die Entnahme von Eierstockgewebe kann bei Frauen ebenfalls versucht werden, eine Fertilitätsreserve anzulegen. Anders als bei Männern ist die Anlage einer Zeugungsreserve bei Frauen mit einem grösseren Aufwand (zeitlich, finanziell) verbunden, auch sind die späteren Erfolgsaussichten zurzeit noch sehr gering. Lassen Sie sich durch Spezialisten an Ihrem Zentrum beraten.

Da die Eierstöcke gleichzeitig die Bildungsstätte der weiblichen Sexualhormone sind, kommt es nach der Transplantation zu einem Östrogenmangel – ähnlich wie nach der natürlichen Menopause. Bei jüngeren Frauen ist ein Hormonersatz empfehlenswert, z. B. in Form der Antibabypille oder von Hormonpflastern, um einen vorzeitigen Calciumabbau des Knochens (Osteoporose) und eine frühzeitige Blutgefässverkalkung (Arteriosklerose) zu vermeiden. Häufig führt der Hormonmangel zu Scheidentrockenheit, was sich negativ auf das Sexualleben auswirken kann. Hier kann Ihnen sicher Ihre Frauenärztin, Ihr Frauenarzt Tipps und entsprechende Möglichkeiten aufzeigen. Bitte genieren Sie sich nicht, auch in Ihrem Transplantationszentrum nach Unterstützung zu fragen.

Obwohl bei den meisten Betroffenen eine Schwangerschaft oder eine Zeugung nach einer Blutstammzelltransplantation nicht mehr möglich ist, dürfen Sie nicht auf eine Verhütung verzichten, falls Sie keine Kinder wünschen. Selten kann eine Schwangerschaft auch nach einer allogenen Blutstammzelltransplantation auftreten. Insbesondere nach Transplantationen mit einer reduzierten Konditionierung kann es dennoch zur Schwangerschaft kommen.

6.15. Nachkontrollen

In den ersten Monaten nach der Entlassung werden Sie sehr regelmässig in die Kontrollen kommen müssen. In der Regel werden 2 bis 3 Kontrollen pro Woche durchgeführt, bei denen Ihr Blut kontrolliert wird und eine klinische Befragung stattfindet. Je nach Bedürfnissen können auch ambulante Therapien durchgeführt werden. Dies bedeutet eine zeitliche Belastung in der frühen Phase nach der Transplantation.

Mit zunehmendem Abstand werden auch die Kontrollen weniger häufig. Dennoch bedeutet eine Transplantation eine lebenslängliche Bindung an eine medizinische Betreuung. Auch in den Jahren nach der Transplantation sollte mindestens einmal pro Jahr eine medizinische Kontrolle stattfinden, um Spätkomplikationen zu erkennen.

6.16. Informationen für Angehörige und Besuchende

Besuche

Die Isolationsmassnahmen während der Hospitalisation bedeuten nicht, dass Patientinnen und Patienten keinen Besuch empfangen dürfen. Jedoch müssen die Besuchenden gewisse Richtlinien beachten, die der Sicherheit der isolierten Personen dienen, und die wir Ihnen gerne erklären werden. Die Besucherinnen und Besucher müssen sich im Transplantationszentrum anmelden. Sie werden dann in die Isolationsmassnahmen eingewiesen.

  • In der Regel sind Besuche am Nachmittag erlaubt.
  • Besuche sind auch ausserhalb der normalen Besuchszeiten, also während 24 Stunden, nach Absprache möglich.
  • Viele kurze Besuche sind besser als seltene, lang andauernde Besuche. Sie sollten an die Bedürfnisse der Patientin, des Patienten angepasst werden.
  • Jeder Tag ist ausgefüllt mit Anforderungen an die erkrankte Person. Gelegentlich sind deshalb Besuche zu anstrengend. Falls Sie keinen Besuch empfangen möchten, lassen Sie dies die Pflegefachpersonen wissen. Diese werden den Besuch darüber informieren.
  • Besuchende sollten nicht an Infektionserkrankungen wie z. B. Husten, Schnupfen oder Bindehautentzündungen erkrankt sein und keine offenen Wunden an den Händen haben.
  • Kinder (erkundigen Sie sich über die Altersgrenze in Ihrem Zentrum) dürfen das Transplantationszentrum nicht oder nur nach Absprache mit dem zuständigen Behandlungsteam betreten.
  • Es dürfen nicht mehr als 2 bis 3 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig im Zimmer anwesend sein.
  • Besucherinnen und Besucher können – soweit die Patientin, der Patient dies wünscht – gute Unterstützung bieten beim Zeitvertreib und der täglichen Pflege wie Eincremen und den Mundspülungen.
  • Besucherinnen und Besucher dürfen im Zimmer nicht essen und trinken.
  • Besucherinnen und Besucher dürfen die Toilette im Patientenzimmer nicht benutzen. Die Toilette ist der Patientin, dem Patienten vorbehalten. Besuchertoiletten befinden sich ausserhalb der Patientenzimmer oder der Station.
  • Patientinnen, Patienten und Besuchende sollten die gegenseitigen Erwartungen (und mögliche Belastungen) offen ansprechen. Schwerkranke Menschen machen sich auch immer Sorgen um ihre Angehörigen und Bekannten.

Gerade nahe Angehörige und Freunde nehmen Anteil und stehen daher oft unter grossem Druck und Anspannung, die nicht zu unterschätzen sind. Wir raten daher, dass Angehörige und Freunde ihre Kraft gezielt einsetzen und sich nicht selbst überfordern, z. B. indem sie ausreichend Pausen machen und sich gegenseitig ablösen. Es nützt der Patientin, dem Patienten nichts, wenn Angehörige und Freunde selbst krank werden.

Um die isolierte Person möglichst wenigen Keimen auszusetzen, empfehlen wir:

  • Als Geschenke oder Mitbringsel druckfrische Zeitungen oder Illustrierte.
  • Erlaubt sind noch unbenutzte Spiele oder Puzzles.
  • Geeignet sind kleine Packungen industriell hergestellter Nahrungsmittel wie Schokolade oder Salzstangen. Erlaubt sind pasteurisierte, sterilisierte Säfte.
  • Verboten sind alle offenen, rohen Lebensmittel, Selbstgekochtes, Obst und Gemüse oder selbstgemachte Säfte sowie Schnittblumen und Blumenstöcke.

Blutstammzelltransplantationen werden heute immer häufiger und in einem früheren Krankheitsstadium als Therapie der Wahl angeboten. Auch werden die stationären Spitalaufenthalte immer kürzer, und die Altersgrenze für die Durchführung einer Blutstammzelltransplantation wurde angehoben.

Eine Blutstammzelltransplantation betrifft dabei nicht nur Patientinnen und Patienten, sondern die ganze Familie. Und zwar als Langzeit- und Familienkrankheit. Angehörige und befreundete Personen haben somit eine wichtige begleitende Rolle im Prozess der ganzen Blutstammzelltransplantation. Den grössten Stress empfinden Angehörige innerhalb der ersten 6 Wochen nach Entlassung.

Wichtig ist: Angehörige sind als Unterstützung im Behandlungsteam nicht nur akzeptiert, sondern sogar erwünscht.

  • Zur Normalität zurückfinden
  • Eine Stütze für die Patientin, den Patient sein
  • Rollen in der Familie neu verteilen
  • Zufrieden sein mit dem, was sie haben
  • Doppelbelastung zwischen Unterstützen und das eigene Leben meistern
  • Auf Ansprechpartner und Unterstützung für sich selber zurückgreifen können

7. Graft-versus-Host-Erkrankung

Die Graft-versus-Host-Erkrankung (Graft-versus-Host-Disease GvHD) ist eine häufige Nebenwirkung der allogenen Blutstammzelltransplantation. Sie tritt etwa bei einem Viertel bis zur Hälfte aller Patientinnen und Patienten nach einer Transplantation auf. Übersetzt auf Deutsch bedeutet sie «Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung». Sie wird auch als umgekehrte Abstossungsreaktion bezeichnet.

Um die umgekehrte Abstossungsreaktion zu verstehen, sind folgende Informationen wichtig: Ein gesundes Immunsystem versucht lebenslänglich, alle körperfremden Zellen und Organismen zu vernichten, die in den Körper eindringen. Dadurch kann der Körper Infektionen bekämpfen. So kommt es beispielsweise nach einer Organtransplantation zu einer Abstossungsreaktion des transplantierten Organs. Um diese zu verhindern, muss das Immunsystem nach einer Organtransplantation lebenslänglich mit Medikamenten unterdrückt werden, mit den sogenannten Immunsuppressiva.

Im Falle einer Blutstammzelltransplantation ist diese Abstossungsreaktion genau umgekehrt. Hier wird Ihr eigenes Immunsystem vor der Transplantation durch die Chemo- und Bestrahlungstherapie zerstört. Danach erhalten Sie ein neues Immunsystem von Ihrer Spenderin oder von Ihrem Spender. Da es sich nun in einem «fremden» Körper befindet, kann es diesen abstossen. Je grösser die Unterschiede bei den Gewebemerkmalen zwischen Empfängerin, Empfänger und Spenderin, Spender sind, desto höher ist das Risiko für eine umgekehrte Abstossungsreaktion. Deshalb müssen Sie nach der Blutstammzelltransplantation wie bei der Organtransplantation Immunsuppressiva einnehmen.

Nach einer allogenen Blutstammzelltransplantation müssen alle Patientinnen und Patienten Immunsuppressiva einnehmen, um eine umgekehrte Abstossungsreaktion zu verhindern. Im Gegensatz zur Organtransplantation entwickelt das Immunsystem der Spenderin, des Spenders jedoch eine Toleranz gegenüber dem neuen Körper. Aus diesem Grund kann die Immunsuppression nach einigen Monaten langsam reduziert werden und bei den meisten Patientinnen und Patienten im Verlauf ganz abgesetzt werden.

Eine umgekehrte Abstossungsreaktion kann an verschiedenen Organen des Körpers auftreten. Haut, Augen, Mund, Leber, Magen und Darm sind am häufigsten betroffen. GvHD kann sich mild ausprägen, aber sie kann auch lebensgefährliche Formen annehmen. Die genauen Zeichen der umgekehrten Abstossungsreaktion werden Ihnen später noch vertiefter erklärt.

Obwohl Risikofaktoren für die GvHD bekannt sind, ist es bis heute unmöglich vorauszusagen, bei welchen Personen eine GvHD nach der Transplantation auftreten wird. Deshalb werden Sie nach der Transplantation von Ihren Ärzten während der regelmässigen Kontrollen auf Zeichen der GvHD untersucht.

Es gibt zwei Formen der GvHD:

  • Die akute GvHD
  • Die chronische GvHD

Die akute GvHD

Die akute GvHD entwickelt sich in den ersten drei Monaten nach der Transplantation oder nach Reduktion oder Absetzen der Immunsuppression. Sie betrifft vor allem die Haut, den Darm und die Leber. Während einige Transplantationspatientinnen und –patienten keine Anzeichen von GvHD aufweisen, entwickeln andere eine ausgedehntere GvHD. Die akute GvHD ist in der Regel von Grad I (leicht) bis Grad IV (schwer) eingeteilt.

Die chronische GvHD

Die chronische GvHD kann sich typischerweise während des 3. bis 6. Monats nach der Transplantation entwickeln. Sie kann aber auch viel später auftreten oder wieder auftreten, nachdem sie bereits abgeklungen ist. Manche Betroffene bekommen ihre ersten Symptome einer GvHD, wenn sie ihre Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, verringern oder nicht mehr einnehmen müssen. Auch kann eine akute GvHD länger anhalten und sich mit der Zeit zu einer chronischen GvHD entwickeln. Die Symptome der chronischen GvHD können an Haut, Gelenken, Augen, Mund, Magen, Darm, Lunge und anderen Organen auftreten.

Generell ist es wichtig, dass Sie sich nach der Transplantation regelmässig untersuchen (zum Beispiel während der täglichen Körperpflege). Dabei sollten Sie vor allem auch auf Hautveränderungen achten und diese Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt mitteilen.

Sollten folgende Symptome/Beschwerden bei Ihnen auftreten, teilen Sie diese bitte unverzüglich Ihrem Behandlungsteam mit:

Akute GvHD

  • Hautausschläge sind häufig ein frühes Zeichen der GvHD. Achten Sie auf Rötungen, Schwellungen oder einen Hautausschlag.
  • Durchfall, Blut im Stuhl
  • Bauchschmerzen, Magenkrämpfe
  • Anhaltende Übelkeit oder Erbrechen 

Chronische GvHD

  • Augentrockenheit oder Irritationen, verschwommenes oder doppeltes Sehen
  • Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden, Schmerzen, Empfindlichkeit oder wunde Stellen
  • Veränderungen der Finger- und Fussnägel wie z. B. Sprödigkeit, Risse, Furchenbildung
  • Schmerzen und/oder Steifigkeit in den Gelenken (Finger, Handgelenke, Ellbogen, Knöchel und Knie)
  • Bei Frauen: Starke Scheidentrockenheit oder Irritationen. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können ebenfalls ein Zeichen einer GvHD sein. Bitte melden Sie diese Zeichen Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
  • Bei Männern: Hautverhärtungen im Bereich der Vorhaut. Dies kann dazu führen, dass die Vorhaut nicht mehr zurückgezogen werden kann.
  • Husten, Kurzatmigkeit oder Brustschmerzen

Folgende Symptome werden zudem bei einer chronischen GvHD und deren Behandlung beobachtet:

  • Starke Müdigkeit, Konzentrationsstörungen
  • Gewichtsveränderungen
  • Stimmungsschwankungen, Depression
  • Sexuelle Probleme

Im Langzeitverlauf nach einer Transplantation kann eine Vielzahl von Symptomen auftreten, die auf eine GvHD hinweisen können. Aber auch die Behandlung der GvHD mit Kortison oder Medikamenten, die die körperliche Abwehr unterdrücken, zeigt verschiedene Nebenwirkungen.

So kann nicht immer jedes Symptom klar einer Ursache zugeordnet werden. Egal, ob die Symptome von der GvHD, einer anderen Komplikation oder von einer medikamentösen Behandlung stammen – es ist wichtig, die Symptome so früh wie möglich zu behandeln und zu überwachen.

Viele Patientinnen und Patienten entwickeln eine umgekehrte Abstossungsreaktion, das heisst, sie durchleben einige der typischen Symptome. Sie können helfen, indem Sie auf Änderungen in Ihrer Gesundheit und auf besondere körperliche Veränderungen achten.

Sobald Sie das Gefühl haben, dass bei Ihnen Symptome einer GvHD auftreten, kontaktieren Sie bitte umgehend Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder das Pflegefachpersonal. Scheuen Sie sich nicht vor einem Fehlalarm. Die frühen Stadien einer GvHD sind einfacher zu behandeln, und durch eine frühe Behandlung können spätere Komplikationen verhindert werden.

Hinweis: Bei einer GvHD werden nicht immer sämtliche Warnzeichen oder Komplikationen durchgemacht, aber die meisten Betroffenen erleben doch zumindest einige der oben aufgeführten Symptome. Manche dieser Krankheitszeichen können sich zu langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entwickeln. Die meisten sind jedoch temporär und verschwinden wieder.

  • Nehmen Sie Medikamente wie verordnet ein.
  • Schützen Sie sich vor der Sonne.
  • Achten Sie auf allgemeine körperliche Warnsignale.
  • Melden Sie diese sofort bei Ihrem Behandlungsteam.

Verordnete Einnahme von Medikamenten

Die meisten transplantierten Patientinnen und Patienten nehmen Medikamente zur Vorbeugung der GvHD ein. Diese sogenannten Immunsuppressiva unterdrücken die körperlichen Abwehrkräfte. Achten Sie darauf, Ihre Medikamente wie verschrieben einzunehmen und die Einnahme so in den Alltag einzubauen, dass Sie damit gut leben können und diese nicht vergessen.

Schützen Sie sich vor UV-Strahlen

Die Haut der Sonne auszusetzen erhöht das Risiko für die Entwicklung einer GvHD. Schützen Sie sich deshalb immer, wenn Sie in die Sonne gehen. Meiden Sie generell die Mittagssonne und denken Sie daran, dass das Tageslicht an einem kühlen, bewölkten Tag ebenso schädlich sein kann wie heisses, helles Sonnenlicht. Tragen Sie einen Hut, lange Ärmel und lange Hosen. Tragen Sie Sonnenschutzmittel (Lichtschutzfaktor 30, 50 oder höher) auf alle Hautpartien auf, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind.

Ja, die umgekehrte Abstossungsreaktion hat auch eine wichtige positive Wirkung.

Wie Sie oben gelesen haben, kann das Immunsystem Ihrer spendenden Person Ihren gesunden Körper abstossen. Gleichzeitig erkennt das Immunsystem Ihrer Spenderin, Ihres Spenders aber auch die kranken Zellen Ihres Körpers als fremd und richtet sich gegen diese kranken Zellen. Diesen Vorgang nennt man Graft-versus-Tumor-Effekt.

Heute weiss man, dass diese Wirkung sehr wichtig in der Bekämpfung Ihrer Krankheit ist. Falls man im Verlauf nach der Transplantation feststellt, dass die Kraft des neuen Immunsystems gegen Ihre Krankheit nicht ausreicht, kann dieser Effekt auch noch mit der Gabe von Spender-Immunzellen verstärkt werden. Diese Immunzellen nennt man Spender-Lymphozyten.

8. Risiken und Komplikationen der allogenen Blutstammzelltransplantation

Sie leiden an einer lebensbedrohlichen Krankheit. Wir werden alles tun, um Sie erfolgreich zu behandeln. Leider gelingt dies nicht immer. Die allogene Blutstammzelltransplantation ist eine sehr intensive Therapie, ein Teil der Betroffenen stirbt leider an dieser intensiven Behandlung und/oder an den Folgen der Transplantation.

Wir versuchen alles Mögliche, um Komplikationen nach der Transplantation zu vermeiden. Einige Probleme treten aber mit grosser Wahrscheinlichkeit auf und können nicht vermieden werden. Diese sind häufig durch die Chemotherapie verursacht. Wir werden versuchen, diese durch Begleitmassnahmen zu mindern. Daneben gibt es Probleme, die nur bei wenigen Patientinnen und Patienten auftreten. Diese können wir nicht immer voraussehen. Aus diesem Grund sind auch regelmässige Kontrollen während und nach der Transplantation sehr wichtig.

Generell kann man zwischen frühen, späten und sehr späten Komplikationen unterscheiden. Die frühen Komplikationen treten innerhalb der ersten Wochen nach der Transplantation auf, die späten Komplikationen innerhalb der ersten Jahre nach der Transplantation. Die sehr späten Komplikationen werden Jahre und Jahrzehnte nach der Transplantation beobachtet.

Viele Komplikationen kündigen sich schon einige Zeit im Voraus an. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie uns rechtzeitig alle Veränderungen mitteilen und wenn möglich die Nachsorgetermine auch längerfristig einhalten.

Vor der Blutstammzelltransplantation werden Sie nochmals ganz genau untersucht. Dabei können Probleme entdeckt werden, die eine Transplantation zum jetzigen Zeitpunkt nicht erlauben. Bevor wir mit der Transplantation beginnen, werden wir daher sämtliche Untersuchungen genau überprüfen und gegebenenfalls die Transplantation verschieben oder absagen. Gleichzeitig kann es auch sein, dass bei Ihrer Spenderin oder Ihrem Spender ein Problem auftaucht, das eine Transplantation zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich macht. Da alle notwendigen Untersuchungen relativ kurz vor der Transplantation durchgeführt werden müssen, kann es sein, dass die Transplantation auch kurzfristig verschoben oder abgesagt werden muss.

Viele Menschen finden es hilfreich, sich in solchen Situationen Gedanken über das etwaige Lebensende zu machen. Äussern Sie Ihre Sorgen, Bedenken und Wünsche. Damit helfen Sie Ihren Angehörigen und uns, in Ihrem Sinne zu handeln. Ihnen steht ein ganzes Team von Ärztinnen und Ärzten, sowie Fachpersonen aus der Pflege, Seelsorge und Psychologie für Gespräche jederzeit zur Verfügung.

Das Erstellen einer Patientenverfügung kann in dieser Situation ebenfalls hilfreich sein.

Die häufigsten Komplikationen im ersten Jahr nach der Transplantation sind Infektionen und die Graft-versus-Host-Erkrankung. Die GvHD wurde bereits im Kapitel 7 beschrieben. Auf die Gefahr von Infektionen wird in verschiedenen Kapiteln immer wieder eingegangen. Im Kapitel 6 «Praktische Aspekte» finden Sie auch einige wichtige Hinweise, wie Sie sich vor Infektionen nach der Blutstammzelltransplantation schützen können. Zudem wird auch beschrieben, wie Sie sich nach der Hospitalisation zu Hause vor Infektionen schützen können.

  • Mundschleimhautentzündung (Mucositis) tritt bei den meisten Patientinnen und Patienten in unterschiedlicher Stärke auf. Die Entzündung dauert meist einige Tage und heilt mit dem Anstieg der weissen Blutzellen innert weniger Tage vollständig ab. Gelegentlich kann die Mundschleimhautentzündung jedoch so stark sein, dass Sie für einige Tage weder essen noch trinken können.
  • In seltenen Fällen kann es nach der Transplantation durch bestimmte Chemotherapie-Medikamente zu einer Blasenentzündung kommen, bei der Blut im Urin auftreten kann. Häufig kündet sich die Blasenentzündung durch vermehrten Harndrang und gelegentliche Schmerzen an. Dieses kann unangenehm und schmerzhaft sein. Bitte melden Sie sich bei Ihrem Transplantationsteam, damit Sie eine notwendige Behandlung erhalten.
  • Taubheit und Kribbeln in den Händen und Füssen können eine Nebenwirkung einiger Arten der Chemotherapie sein, die vor der Transplantation verwendet wurden. Das Taubheitsgefühl und Kribbeln sollte mit der Zeit besser werden, aber es könnte auch sein, dass es nie vollständig zurückgeht. Sie können mit Ihrem ärztlichen Team über Behandlungen sprechen, die Ihnen helfen können.

Manche Nebenwirkungen können erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Transplantation auftreten. Häufig sind diese Probleme auf den ersten Blick nicht mit der Transplantation in Zusammenhang zu bringen. Es ist deshalb sehr wichtig, dass Sie das Transplantationsteam über Komplikationen oder Veränderungen Ihres Gesundheitszustandes informieren, damit wir Massnahmen ergreifen können.

Gleichzeitig kündigen sich viele dieser Komplikationen über viele Jahre an (z. B. durch hohen Blutdruck). Es ist deshalb auch wichtig, dass alle «behandelbaren» Risikofaktoren nach der Transplantation erkannt und behandelt werden. Auch hier gilt, dass die Komplikationen durch die Hilfe Ihres Behandlungsteams behandelt werden können, um sie wieder in den Griff zu bekommen.

Augen

Viele Patientinnen und Patienten klagen nach einer Transplantation über Trockenheit, Juckreiz und Reizungen der Augen. Diese Probleme können verbessert werden, indem Sie künstliche Tränentropfen verwenden, Luftbefeuchter in den Räumen aufstellen oder warme Kompressen auflegen und starke Belastungen der Augen vermeiden.

Einige Transplantationspatientinnen und -patienten entwickeln einen grauen Star (Katarakt). Das ist eine Trübung der Linse im Auge. Der graue Star tritt häufig bei Personen auf, die eine Ganzkörperbestrahlung hatten oder die über lange Zeit Kortison erhielten. Der graue Star kann häufig durch einen ambulanten Eingriff durch den Augenspezialisten behoben werden.

Risiko einer sekundären Krebserkrankung

Chemotherapie und Strahlentherapie können das Risiko erhöhen, in späteren Jahren an einer anderen Art von Krebs zu erkranken, auch wenn Sie von Ihrer ursprünglichen Erkrankung geheilt sind. Eine chronische GvHD ist ein weiterer wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung von weiteren Krebserkrankungen.

Durch die regelmässige Nachsorge können frühe Anzeichen entdeckt und behandelt werden. Die häufigsten Lokalisationen von Krebs nach der Transplantation sind Haut und Mund, aber auch andere Arten von Krebs können auftreten.

Knochen

Knochenschwund (Osteoporose) kann bei einigen Personen nach der Transplantation auftreten. Dieser entsteht, wenn die knochenaufbauenden Zellen und die knochenabbauenden Zellen nicht richtig funktionieren. Als mögliche Ursachen gelten die Strahlen- und Chemotherapie, die Einnahme von Medikamenten zur Unterdrückung der GvHD sowie hormonelle Störungen. Vor allem längerfristige Kortisontherapien können zu Knochenschwund führen.

Aus diesem Grund werden regelmässig Knochendichtemessungen vorgenommen. Sie können sich ausserdem gesund ernähren, u. a. ausreichend Kalzium und Vitamin D3 zu sich nehmen. Ausreichende Bewegung wirkt ebenso prophylaktisch. Wird ein Knochenschwund bei Ihnen festgestellt, kann dieser auch mit Medikamenten behandelt werden. Ihr Behandlungsteam wird Sie auch hierzu beraten.

Lunge

Es kann zu Lungenfunktionsstörungen kommen. Wenn eine Lungenentzündung und eine Bronchitis ausgeschlossen werden können, muss immer eine Schädigung des Lungengewebes durch die Chemotherapie, Bestrahlung oder durch eine GvHD in Betracht gezogen werden. Nach einer Blutstammzelltransplantation kann sich eine Entzündung der kleinen Bronchien oder eine Beeinträchtigung der gesamten Lungenfunktion entwickeln.

Herz

Untersuchungen haben gezeigt, dass Patientinnen und Patienten nach einer Blutstammzelltransplantation ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems aufweisen. Verschiedene Ursachen können zu Herzproblemen nach einer Transplantation führen (Chemotherapie, Bestrahlung). Ein Beispiel ist die Blutgefässverkalkung (Arteriosklerose). Sie äussert sich durch eine Ablagerung von Kalk und anderen Stoffen in einem Blutgefäss.

Dadurch kann es zu Durchblutungsstörungen und zu Blutgerinnseln kommen. Zur Behandlung gehören gesunde Ernährung, Bewegung und Blutfett senkende und/oder Blutdruck senkende Medikamente. Andere Herz-Kreislauferkrankungen können ebenso durch eine gute medikamentöse Behandlung und durch einen gesunden Lebensstil behandelt und/oder verhindert werden.

Schilddrüsenprobleme

Einige Personen, die sich einer Ganzkörperbestrahlung unterziehen mussten, können später eine Unterfunktion der Schilddrüse entwickeln. Die Unterfunktion wird auch als Hypothyreose bezeichnet. Die Symptome sind Müdigkeit, Gewichtszunahme und Depression. Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann man mit entsprechenden Schilddrüsenmedikamenten behandeln.

Spätkomplikationen nach allogener Blutstammzelltransplantation

Komplikationen Problem Mögliche Ursachen
Immunsystem Infektionen Verminderte Immunabwehr
Augen Grauer Star, Augentrockenheit, Retinaschäden Bestrahlung, Kortison, GvHD
Mund Karies, Mundtrockenheit Bestrahlung, GvHD
Lunge Lungenentzündungen, Entzündungen der kleinen Luftwege (Bronchiolitis), Rezidivierende Entzündung Chemotherapie, GvHD, Immunsuppression
Herz-Kreislauf

Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen, Herzarterienverkalkung, Arterienverkalkung, Schlaganfall

Chemotherapie, Bestrahlung, Alter bei der Transplantation, Stoffwechselerkrankungen (Diabetes), Bluthochdruck, Nikotin
Leber Chronische GvHD, Hepatitis, Eisenüberladung Virushepatitis, Bluttransfusionen
Nieren und Harnwege Nierenfunktionsstörung, Harnwegsinfekte Chemotherapie, Immunsuppression
Muskel/Bindegewebe Muskelschwäche, Bindegewebeverhärtung, Muskelentzündung Kortison, GvHD
Knochen Osteoporose, Hüftkopfnekrose Kortison, Bestrahlung, GvHD, Störung der Hormone
Nerven Nervenentzündung, Verminderte Aufmerksamkeit Bestrahlung, GvHD, Medikamente, Chemotherapie
Hormonhaushalt Schilddrüse, Nebenniere, Geschlechtshormone, Wachstumsstörung Bestrahlung, Chemotherapie, Kortison, Transplantation bei Kindern
Haut und Schleimhäute Ausschläge, Hautverhärtung, Trockenheit der Schleimhäute GvHD, Medikamente, Bestrahlung
Zweit-Krebserkrankungen Hauttumoren, Andere solide Tumoren, Zweit-Bluttumore, Lymphome Immunsuppression, Bestrahlung, Chemotherapie
Psychosoziale Probleme Müdigkeit, Sexualstörungen Hormonstörungen, Verarbeitung der Erkrankung, Vorgängige psychische Störungen, GvHD

9. Psychosoziale Aspekte der allogenen Blutstammzelltransplantation

Die Blutstammzelltransplantation ist eine sehr intensive Therapie. Sie ist mit viel Hoffnung verbunden, bringt aber neben den körperlichen auch psychische Belastungen mit sich. Sie und Ihre Angehörigen werden möglicherweise grossen Belastungen ausgesetzt sein. Aus diesem Grund bieten wir Ihnen während der stationären Therapie und auch danach bei Bedarf psychologische Unterstützung an.

Ihr psychisches Befinden steht häufig in engem Zusammenhang mit Ihrem körperlichen Befinden, welches wiederum von der jeweiligen Behandlungsphase abhängig ist. Gleiches gilt auch für Patientinnen und Patienten, die schon in frühen Jahren mit einschneidenden Erfahrungen und verunsichernden Veränderungen in ihrem Leben konfrontiert werden. Häufig können Sie über längere Zeit Ihren Beruf nicht mehr ausüben oder nicht mehr zur Schule gehen. Das kann auch dazu führen, dass Sie Ihre Freunde und Bekannte über längere Zeit nicht mehr sehen und dass sich Ihre Beziehung zu ihnen verändern kann.

Durch eine onkologische oder hämatologische Erkrankung und die notwendigen Behandlungen kommt es bei den meisten Betroffenen zu psychischen Belastungen, die häufig durch professionelle psychologische Unterstützung gemildert werden können. Gelegentlich ist es auch nötig, für eine gewisse Zeit Medikamente einzunehmen, die Ihre Stimmung aufhellen können (Antidepressiva). Dabei ist es wichtig zu realisieren, dass diese Medikamente nicht für immer nötig sind, sondern nur für eine gewisse Zeit Ihre Stimmung verbessern sollen.

Das Ziel der Betreuung ist, Sie dabei zu unterstützen, diese Zeit so gut wie möglich zu bewältigen und selbst aktiv bei der Behandlung mitzuarbeiten.

Gespräche können Ihnen helfen, Ängste und Stimmungsschwankungen zu verringern. Die psychologische Unterstützung richtet sich nach Ihren persönlichen und den Bedürfnissen Ihrer Angehörigen und kann verschiedene Angebote umfassen:

  • Strukturierende Gespräche zur Entscheidungsfindung
  • Vermittlung von Entspannungstechniken
  • Entlastende und stützende Gespräche im Behandlungsverlauf
  • Angst- und Stressbewältigung
  • Krisenbewältigung und Angehörigengespräche
  • Regelmässige Gespräche können helfen, die Behandlungssituation besser zu bewältigen
  • Ansätze, wie Sie sich im Alltag, Beruf, Schule wieder zurechtfinden Können

Entscheidung zur Blutstammzelltransplantation

Um eine Entscheidung zur Transplantation treffen zu können, ist es äusserst wichtig, genau über den Ablauf und die medizinischen Aspekte der Transplantation informiert zu sein und diese Informationen verstanden zu haben. Allerdings sind diese medizinischen Zusammenhänge nicht immer einfach zu verstehen, es ist daher sinnvoll, das Angebot mehrerer Informationsgespräche zu nutzen.

Aus diesem Grund haben wir auch diesen Leitfaden erstellt, der Ihnen helfen soll – als Patientin oder Patient wie auch als Eltern –, die komplizierten Abläufe besser zu verstehen. Zusätzlich werden Sie aber auf jeden Fall ein Gespräch mit Ihrem Transplantationsteam haben, das Ihnen die genauen Abläufe der Transplantation erklärt. Wenn möglich bringen Sie einen Angehörigen zum Informationsgespräch mit. So können Sie das Gehörte besser gemeinsam besprechen.

Das Abwägen von Für und Wider, das offene Besprechen der jeweiligen Risiken und der langfristigen Konsequenzen kann belastend sein. In dieser Situation können psychologische Gespräche Sie unterstützen.

Eine gute Vorbereitung kann die Intensivzeit auf der Transplantationsstation erleichtern. Im Vorfeld wird Ihnen die Möglichkeit geboten, mit der Stationsleitung die Transplantationsstation zu besichtigen, um sich über den stationären Ablauf zu informieren. Ausserdem können Sie einen Eindruck von den Zimmern und der Infrastruktur gewinnen. So können Sie Ihren Aufenthalt besser planen, und durch die konkrete Vorstellung des Stationsalltags ist auch eine psychische Vorbereitung besser möglich.

Sollten Sie den Wunsch haben, Personen kennenzulernen, die bereits eine Transplantation erhalten haben, um einen Eindruck von der Behandlung aus der Perspektive von Betroffenen zu erhalten, wird Ihnen unsere Stationsleitung gerne eine Begegnung vermitteln.

Sie müssen sich darauf vorbereiten, dass Sie Ihr Zimmer für längere Zeit nicht verlassen können. Für manche Menschen ist dies nicht sehr belastend, für andere aber sehr. Es kann hilfreich sein, wenn Sie die Situation schon vorher innerlich durchspielen und überlegen, welche Belastungen Sie dabei empfinden und was in dieser Zeit für Sie unterstützend wirken kann. Es kann hilfreich sein, vertraute Gegenstände mitzubringen, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen.

Ausserdem sollten Sie sich Gedanken machen, welche Beschäftigungs- und Ablenkungsmöglichkeiten Sie mitbringen möchten (z. B. Spiele, Bastel- und Handarbeiten, Musik, DVD, Computer, Hörbücher, Kreuzworträtsel). Was sind normalerweise Ihre «Kraftquellen» und wie lassen sich diese während der Blutstammzelltransplantation einsetzen? Bei Fragen steht Ihnen die Stationsleitung gerne zur Verfügung.

Überlegen Sie sich, in welchem Umfang Sie Besuch empfangen möchten. Besuche von Menschen, die Sie unterstützen und die Ihnen nahestehen, sind oft sehr wichtig und können positiv ablenken. Versuchen Sie schon im Voraus zu klären, von wem Sie gerne besucht werden möchten.

Es kann für Sie eine Entlastung sein, wenn Sie jemanden bestimmen, der in regelmässigen Abständen Ihren Freundes- und Bekanntenkreis kurz informiert, wie es Ihnen geht.

Die Transplantation selbst wird trotz grosser Erwartungsspannung meist als wenig belastend erlebt. Das Warten auf das Ansteigen der Zellen im Blut, der sogenannte «Take», kann allerdings für manche Personen zur Geduldsprobe werden. Zudem ist der medizinische Tagesablauf unvermeidbar fremdbestimmt. So kann es hilfreich sein, wenn Sie sich auch eine eigene, persönliche Tagesstruktur – angepasst an Ihren Gesundheitszustand – einrichten, in der tägliche, angenehme Ereignisse (z. B. Besuch von Angehörigen und aus dem Freundeskreis, Entspannung mit Musik, Lesen oder ein Telefonat) ihren Platz haben.

Die medizinische Behandlung kann körperlich sehr fordernd sein, Stimmungsschwankungen sind normal und entsprechen der Situation. Auch kann es sein, dass Ihnen die Isolation zunehmend zu schaffen macht. Ebenfalls können Ängste und depressive Symptome auftreten. Psychologische Gespräche und angeleitete Entspannungstechniken erweisen sich oft als hilfreich. Wesentlich ist die Unterstützung durch das Behandlungsteam und die Unterstützung durch die Angehörigen.

Gefühlsschwankungen gehören zu diesen Belastungen dazu, eine gut organisierte Unterstützung und Begleitung durch Familie und Freunde ist daher hilfreich.

Wichtig ist, dass Sie geduldig mit sich und Ihrem Körper sind, dass Sie genügend Erholungsphasen einplanen und sich diese auch gönnen. Um den Aufbauprozess zu fördern, sollten Sie wieder langsam einfachere und wohltuende Aktivitäten aufnehmen, ohne sich zu überfordern. Eine ausgeprägte Müdigkeit nach der langen und intensiven Behandlungsphase besteht bei vielen Patientinnen und Patienten. Trotz dieser Müdigkeit sollten Sie versuchen, stets den Umständen angepasst, nach und nach wieder aktiv zu werden.

Bei Fragen steht Ihnen weiterhin eine professionelle psychologische Unterstützung zur Verfügung.

Sterben und Tod

Ja, das ist sinnvoll, gut und richtig. Sie leiden an einer lebensbedrohlichen Krankheit. Wir werden alles tun, um Sie erfolgreich zu behandeln. Sie und wir wissen aber, dass dies nicht immer gelingt. Bei der Transplantation liegen häufig Heilung und Tod, aber auch Komplikationen und erfolgreiche Behandlung sehr nahe beieinander, und Probleme können zum Teil sehr schnell auftreten.

Viele Menschen finden es hilfreich, sich in solchen Situationen Gedanken über das Lebensende zu machen. Es ist auch wichtig und hilfreich, dass Sie diese Gedanken bereits vor Eintritt zur Blutstammzelltransplantation mit Ihrer Familie und Ihren Angehörigen besprechen. Äussern Sie Ihre Wünsche, Sorgen und Bedenken und helfen Sie Ihren Angehörigen und uns, in Ihrem Sinne zu handeln. Für Angehörige und enge Bezugspersonen ist es gleichermassen wichtig, sich mit dem Aspekt des Sterbens und des Todes auseinanderzusetzen und Ihre Entscheidungen zu akzeptieren.

Sie können das, was Ihnen in diesem Zusammenhang wichtig ist, auch in Form einer Patientenverfügung festlegen. Wir beraten Sie gerne dabei.

  • Welche Unterstützung/Begleitung ist Ihnen in dieser Phase Ihres Lebens wichtig?
  • Soll auch Ihr Hausarzt, Ihre Hausärztin oder eine andere ärztliche Fachperson Ihres Vertrauens bei wichtigen Entscheidungen beigezogen werden?
  • Möchten Sie eine Patientenverfügung erstellen?
  • An welchem Ort möchten Sie die letzte Zeit verbringen (zu Hause, im Spital, anderer Ort)? Was müssen wir beachten?
  • Wären Sie, Ihre Angehörigen, mit einer Autopsie einverstanden? Wir werden Sie danach fragen.
  • Ist ein religiöser Beistand gewünscht?
  • Nächste Verwandte und Freundeskreis
  • Zivilstandsamt/Gemeinde, Arbeitgeber, Pfarrei, Leidzirkular, Versicherungen, Vermietung , Militär/Zivilschutz
  • Bestattungswünsche (Sarg, Bekleidung, Aufbahrung)
  • Bestattungsart: Kremation, Erdbestattung, Urnengrab
  • Abdankungsfeier, Danksagung, Predigt

Wir empfehlen, rechtliche Angelegenheiten vor der Behandlung zu erledigen. Ein Besuch einer Rechtsvertretung ist aber auch im Transplantationszentrum möglich.

  • Testament, Erbvertrag, Ehevertrag, Dokumente, Schlüssel, wichtige Ausweise, Quittungen, Steuerbelege, Verträge
  • Auflistungen über Vermögensverhältnisse

Informationen für die Angehörigen

Angehörige sind mit betroffen, wenn ein geliebter Mensch lebensbedrohlich erkrankt.

Um eine so intensive Behandlung wie eine Blutstammzelltransplantation gemeinsam gut zu bewältigen, können offene Gespräche zwischen Erkrankten und Angehörigen über Gefühle, Erwartungen, Hoffnungen und Ängste hilfreich sein. Zudem ist es sinnvoll, darüber zu sprechen, wozu und wie weit jeder Familienangehörige in der Lage ist, zur Unterstützung beizutragen und wo die eigenen Grenzen sind. Nur so lässt sich die lange Zeit der Transplantation und der anschliessenden Rehabilitation für alle realistisch und zufriedenstellend planen.

Eine gute Information ist wichtig, um die Situation angemessen einschätzen zu können und der Patientin, dem Patienten eine tragfähige Unterstützung zu geben. Daher sollen Angehörige, wenn die betroffene Person einverstanden ist, schon an den Vorgesprächen teilnehmen. Dasselbe gilt für die nachfolgenden Gespräche.

Die Angehörigen haben ebenfalls die Möglichkeit zur psychologischen Unterstützung vor, während und nach der Behandlung.

Seelische Probleme

Das Erleben der Krankheit und der langwierigen, einschneidenden Therapie kann eine Person in vielerlei Hinsicht verändern. Wichtig ist, dass sich die Patientin, der Patient Zeit nehmen kann, um die emotionalen Auswirkungen der Transplantation zu verarbeiten. Heilung ist mehr als ein körperlicher Vorgang. Es erfordert auch eine emotionale Umstellung.

Hier können Sie als Angehörige eine wichtige Stütze sein. Haben Sie Geduld, Verständnis für die emotionalen Schwankungen, die Ängste und Fragen auf dem Weg in die Normalität. Gleichzeitig kann die Zeit nach der Transplantation auch zu einer Belastung für die Familie werden. Häufig haben die Betroffenen Mühe, sich direkt wieder in den Familienalltag einzugliedern und empfinden sich teilweise als Fremdkörper. Wir ermutigen Sie, auch diese Probleme anzusprechen.

Manche Menschen klagen, dass sie auch nach Abschluss der Behandlung nicht aufhören können, über ihre Krankheit und Behandlung nachzudenken. Die Erinnerungen können aufwühlen und destruktiv sein. Es können auch Bedenken über die Entscheidung zur Transplantation aufkommen. Andere sind durch die Angst vor einem Rückfall belastet. Auch hier können Familie und Freunde positiv und zuversichtlich Einfluss nehmen, für erfreuliche Ablenkungen oder in Notfällen für externe Hilfe sorgen.

Wenn Sie als Angehörige irgendwelche Sorgen haben, können Sie diese dem Behandlungsteam mitteilen. Gemeinsam wird dann versucht, eine Lösung zu finden wie z. B. die Hilfe durch einen professionellen Therapeuten. Oft helfen auch Gespräche mit Mitgliedern einer Selbsthilfegruppe. Das Wichtigste ist, dass Sie zu einer Strategie finden, wie Sie die belastende Situation meistern können.

10. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Die obligatorische Krankenversicherung nach KVG deckt grundsätzlich die Kosten für die medizinische Behandlung. Sie als Patientin oder Patient beteiligen sich mit Franchise und Selbstbehalt an diesen Kosten. Die jährliche Franchise ist ein wählbarer Fixbetrag. Aufgrund der hohen medizinischen Kosten ist es ratsam, die Franchise auf das gesetzliche Minimum zu reduzieren. Dabei ist zu beachten, dass die Meldung bis zum letzten Arbeitstag im November des laufenden Kalenderjahres bei der Krankenkasse eintrifft.

Der Selbstbehalt beträgt 10 % bis jährlich max. CHF 700.–. Zusätzlich wird bei stationären Aufenthalten im Spital täglich CHF 15.– als Spitalbeitrag verrechnet. Vom Spitalbeitrag ausgenommen sind Minderjährige und Personen unter 25 Jahren, sofern sie sich in Ausbildung befinden. Für Kinder wird keine Franchise erhoben, der Selbstbehalt beträgt CHF 350.–.

Für Behandlungen, die nicht von der Grundversicherung gedeckt werden, bieten die Krankenkassen Zusatzversicherungen nach VVG an. Diese sind privatrechtlich geregelt und beinhalten, je nach Anbieter, unterschiedliche Leistungen. Bestehende Krankheiten werden bei Vertragsabschluss grundsätzlich von der Leistungspflicht ausgeschlossen. Stationäre Aufenthalte im Rahmen der Blutstammzelltransplantation sind in der Regel von der Zusatzversicherung ausgeschlossen.

Ihre Ärztin, Ihr Arzt wird darauf bedacht sein, leistungspflichtige Medikamente zu verwenden oder eine spezielle Kostengutsprache Ihrer Versicherung zu erhalten, so dass diesbezüglich ein Minimum an zusätzlichen Kosten für Sie anfällt.

Sollten Sie im Anschluss an die Behandlung Unterstützung zu Hause benötigen, so kann Ihnen Ihre Ärztin oder Ihr Arzt eine Verordnung für die Spitex ausstellen. Damit können pflegerische Leistungen grösstenteils über die obligatorische Krankenversicherung abgerechnet werden. Die Patientenbeteiligung ist kantonal unterschiedlich geregelt, beträgt aber höchstens 20 % der verrechneten Kosten. Detaillierte Informationen gibt Ihnen gerne Ihre lokale Spitex-Organisation oder der Sozialdienst Ihres Spitals. Andere Leistungen wie Haushaltshilfe oder Mahlzeitendienst sind nicht Teil der Grundversicherung. Gegebenenfalls übernimmt die Zusatzversicherung einen Teil.

Bei ärztlich verordneter ambulanter Physiotherapie übernimmt die Grundversicherung die Kosten für jeweils neun Sitzungen. Nach 36 Sitzungen muss der vertrauensärztliche Dienst der Krankenkasse seine Zustimmung für weitere Sitzungen geben.

Während rund 100 Tagen nach der Transplantation bedarf es einer engmaschigen medizinischen Kontrolle im Transplantationszentrum. Aufgrund der Immunsuppression können für den Weg keine öffentlichen Verkehrsmittel verwendet werden. Sollten Sie die Fahrten nicht privat organisieren können, so bietet das Schweizerische Rote Kreuz und in gewissen Kantonen die Krebsliga einen Fahrdienst an. Je nach Distanz Ihres Wohnorts zum Transplantationszentrum können dadurch hohe Kosten für Sie entstehen. Die Zusatzversicherung der Krankenkasse übernimmt möglicherweise die Kosten. Schicken Sie daher die Rechnungen an Ihre Versicherung. Sollten die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen werden, können Sie diese eventuell bei den Ergänzungsleistungen geltend machen. Falls Sie die Kosten selbst bezahlen müssen, kann der Sozialdienst Ihres Spitals Ihnen helfen, tragbare Lösungen zu finden.

Falls Sie eine Gönnerschaft bei Blutspende SRK Schweiz abgeschlossen haben, kann Sie die Organisation mit einem Betrag in der Höhe von 10‘000 Franken unterstützen.

Eine Perücke gilt als Hilfsmittel und wird von der Invalidenversicherung (IV) bzw. der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) mit einem jährlichen Höchstbetrag von CHF 1500.– bzw. CHF 1000.– vergütet.

Kryokonservierung: In bestimmten Fällen wird die Entnahme von Eizellen und Spermien und deren Kryokonservierung für höchstens 5 Jahre von der Grundversicherung übernommen. Eine Verlängerung um weitere 5 Jahre ist unter gewissen Umständen möglich.

Die Therapie kann eine Zahnbehandlung notwendig machen. Die Grundversicherung übernimmt die Kosten nur, wenn die Zahnbehandlung für die sichere Durchführung der Strahlen- oder Chemotherapie notwendig ist oder wenn eine im Gesetz aufgezählte Grunderkrankung Ursache für den Zahnschaden ist (z.B. Leukämie) oder bei Parodontitis auf Grund einer Chemotherapie oder wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass beispielsweise der Zahnschaden eine Folge der Strahlentherapie bei einem Tumor im Kiefer- und Halsbereich ist. Da der Nachweis über die Ursache aber im Einzelfall schwer zu erbringen ist, empfiehlt es sich, vor Therapiebeginn den Zustand der Zähne überprüfen und dokumentieren zu lassen. Vor der Zahnbehandlung muss eine Kostengutsprache bei der Krankenkasse beantragt werden.

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung ist im Obligationenrecht (OR) geregelt. Die Dauer der Lohnfortzahlung ist je nach Region und Anstellungsdauer unterschiedlich. Erkundigen Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber. Viele Arbeitgeber schliessen freiwillig oder auf Grund eines Gesamtarbeitsvertrages für ihre Angestellten eine kollektive Krankentaggeldversicherung (KTGV) ab. Die meisten davon sind privatrechtlich geregelt. Aufgrund der Vertragsfreiheit müssen die genauen Bestimmungen jeweils in den Allgemeinen Vertragsbedingungen nachgelesen werden. Die Leistung im Krankheitsfall deckt in der Regel 80 % des Lohnes während 720 Tagen ab.

Bei einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses kennen einige Kollektivversicherungen eine Nachleistung und zahlen die Taggelder für den laufenden Fall weiter. Bei anderen kann ein Übertritt in die Einzelversicherung stattfinden. Der Arbeitgeber muss die austretende Person über diese Möglichkeit informieren. Trotz der hohen Prämien, die in einer Einzelversicherung selber getragen werden müssen, kann es sich für gesundheitlich beeinträchtigte Personen grundsätzlich dennoch lohnen, den Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten. Es kommt auch hier auf die individuelle Situation der Betroffenen an. Wichtig ist, dass man solch eine Lösung wegen der hohen Kosten gründlich prüft.

Im Krankheitsfall ist eine Arbeitnehmerin, ein Arbeitnehmer nach der Probezeit innerhalb einer Sperrfrist vor Kündigung geschützt. Diese beträgt im 1. Dienstjahr 30 Tage, im 2. bis 5. Dienstjahr 90 Tage und ab dem 6. Dienstjahr 180 Tage. Anschliessend ist die vertraglich festgelegte Kündigungsfrist zu berücksichtigen.

Gelegentlich kommt es vor, dass Personen mit gesundheitlichen Problemen nahegelegt wird, zu kündigen. Dies ist nicht ratsam, da es zu Nachteilen bezüglich der Ansprüche bei der Arbeitslosenversicherung (ALV), der KTGV, der IV und der Pensionskasse führen kann. Eine fristlose Entlassung aufgrund unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit oder nachlassender Leistung infolge Krankheit ist nicht rechtmässig. Sollten diese Probleme bei Ihnen bestehen, bitten wir Sie, mit dem Sozialdienst Kontakt aufzunehmen, so dass wir für Sie eine individuelle Lösung finden können.

Analog den Zusatzversicherungen der Krankenkasse kann auch eine KTGV einen Risikoausschluss für bestehende Erkrankungen machen. So ist es grundsätzlich nicht möglich, sich nachträglich versichern zu lassen.

Bezügerinnen oder Bezüger von Arbeitslosentaggeld haben im Krankheitsfall bis zum 30. Tag oder total 44 Tage pro Jahr Anspruch auf ihr volles Arbeitslosentaggeld. Ist eine bei der IV angemeldete Person mindestens 20 % arbeitsfähig und erfüllt sie auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen, besteht für die ALV eine Vorleistungspflicht, d.h. es besteht ein Anspruch auf die volle Arbeitslosenentschädigung.

Im besten Fall wird durch die Blutstammzelltransplantation die Erkrankung geheilt und eine vollständige Rückkehr an Ihren Arbeitsplatz ist innerhalb der Rahmenfrist der KTGV möglich.

Da die Therapie aber mit einer längeren Erwerbsunfähigkeit verbunden sein kann, sollte die IV frühzeitig involviert werden.

Unter einer Invalidität versteht man eine länger dauernde Erwerbsunfähigkeit oder, bei nicht Erwerbstätigen, die entsprechende Einschränkung in den gewohnten Aufgaben. Ein Rentenanspruch bei der IV besteht, wenn Eingliederungsmassnahmen nicht zum vollen Erfolg geführt haben und die Krankheit während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch zu einer mindestens 40 %igen Erwerbsunfähigkeit bzw. Einschränkung im Tätigkeitsbereich geführt hat. Eine Früherfassung kann bereits nach 30 Tagen ununterbrochener Erwerbsunfähigkeit oder wiederholten Kurzabsenzen innerhalb eines Jahres erfolgen. Sie sollten jedoch auf keinen Fall länger als 180 Tage mit einer Anmeldung warten, weil sonst Ansprüche verloren gehen können.

Ziel der IV ist eine baldige und nachhaltige Rückkehr an den noch bestehenden Arbeitsplatz oder, falls dies nicht oder nur bedingt möglich ist, die Eingliederung in einen anderen Arbeitsplatz inner- oder ausserhalb des bisherigen Betriebes. Die IV kennt dafür diverse Massnahmen wie Berufsberatung, erstmalige berufliche Ausbildung, Umschulung, Arbeitsvermittlung, Kapitalhilfe für Arbeitgeber etc. und, ergänzend dazu, Taggelder.

Bei älteren Patientinnen und Patienten stellt sich die Frage, ob eine Rückkehr ins Erwerbsleben überhaupt erstrebenswert ist. Aufgrund der schweren Erkrankung verschiebt sich der Lebensinhalt oft weg von der beruflichen Aufgabe hin zu Familie und privaten Interessen. Eine Frühpensionierung kann unter Umständen eine gute Lösung sein.

Bei der AHV kann die Rente ein oder zwei Jahre vorbezogen werden, d.h. bei Männern frühestens nach der Vollendung des 63., bei Frauen frühestens nach der Vollendung des 62. Lebensjahres. Die Rente wird pro Vorbezugsjahr um 6,8 % gekürzt. Dabei muss beachtet werden, dass während des Vorbezuges keine Kinderrenten ausgerichtet werden.

Bei der beruflichen Vorsorge (BVG) ist ein Vorbezug der Altersrente nur dann möglich, wenn das Reglement der Pensionskasse dies vorsieht. Die Leistungen werden in der Regel als Rente ausgerichtet. Der Versicherte kann aber verlangen, dass ihm mindestens ein Viertel seines Altersguthabens als Kapitalabfindung ausgerichtet wird. Im Überobligatorium kann die Vorsorgeeinrichtung eine Wahlfreiheit zwischen Rente und Kapitalabfindung vorsehen.

Um keine längerfristigen Nachteile zu haben, lohnt es sich, die finanziellen Auswirkungen einer Frühpensionierung genau zu analysieren.

In diesem Falle können Sie Ergänzungsleistungen bei der AHV-Zweigstelle Ihrer Wohngemeinde beantragen. Die Anmeldung sollte innert 6 Monaten nach Erhalt der Rentenverfügung erfolgen, da ansonsten keine rückwirkende Auszahlung möglich ist.

Sollten Sie keinen Rentenanspruch haben, so können Sie sich an das Sozialamt wenden. Die Sozialhilfe ist keine Sozialversicherung, sondern eine bedarfsabhängige Leistung.

Sowohl die AHV wie die BVG kennen Rentenansprüche für Hinterbliebene.

Die Ehefrau hat Anspruch auf eine Witwenrente der AHV, wenn sie

  • ein Kind hat oder
  • das 45. Lebensjahr vollendet hat und seit 5 Jahren verheiratet ist.

Die BVG spricht eine Witwenrente, wenn die Ehefrau

  • für den Unterhalt von einem Kind aufkommen muss oder
  • das 45. Lebensjahr vollendet hat und seit 5 Jahren verheiratet ist.

Auch geschiedene Frauen, deren ehemaliger Gatte verstorben ist, haben unter gewissen Bedingungen Anspruch auf eine Witwenrente.

Verheiratete und geschiedene Männer, deren Gattin resp. ehemalige Gattin verstorben ist, erhalten von der AHV eine Witwerrente, solange sie aus dieser Ehe Kinder unter 18 Jahren haben. Sobald das jüngste Kind das 18. Altersjahr vollendet, erlischt der Anspruch auf eine Witwerrente.

Bei der BVG haben sie unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf eine Rente wie die Witwen.

Konkubinatspartner haben keinen Rentenanspruch.

Seit der BVG-Revision im Jahr 2005 ist es den Pensionskassen möglich, in ihrem Reglement vorzusehen, dass Lebenspartner/Konkubinatspartner den Ehepaaren gleichgestellt werden. Diese Möglichkeit haben bereits viele Pensionskassen umgesetzt. Dazu muss aber noch zu Lebzeiten die Pensionskasse über die Begünstigung informiert werden. Denn war die verstorbene Person ledig und ohne Kinder und hat diesbezüglich nichts unternommen, dann erhält die Pensionskasse das Altersguthaben.

Bedingungen für Rente an Konkubinatspartner durch die Pensionskasse:

  • der überlebende Partner muss für ein gemeinsames Kind sorgen
  • der Konkubinatspartner wurde vom Verstorbenen zu Lebzeiten massgeblich unterstützt
  • die Lebenspartnerschaft dauerte zum Zeitpunkt des Todes mehr als 5 Jahre an

Wenn ein Vater oder eine Mutter Kinder hinterlässt, so haben diese Anspruch auf eine Waisenrente der AHV und der BVG bis zum vollendeten 18. Altersjahr oder dem Abschluss der Ausbildung, maximal jedoch bis zur Vollendung des 25. Altersjahres.

Zögern Sie bitte nicht, mit dem Sozialdienst Ihrer Gemeinde, Ihres Spitals oder der kantonalen Krebsliga Kontakt aufzunehmen. Diese bieten Ihnen umfassende Beratung bezüglich sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen, psychosozialen Aspekten, Austrittsplanung, Patientenverfügungen und vielem mehr. Ferner können diese Sie bei Bedarf eventuell mittels entsprechender Fonds finanziell unterstützen.

11. Pädiatrische allogene Blutstammzelltransplantation

Die meisten Aspekte der Blutstammzelltransplantation unterscheiden sich nicht bei Erwachsenen und Kindern. Deshalb haben wir einen Leitfaden für alle Patientinnen und Patienten erstellt, die in der Schweiz eine allogene Blutstammzelltransplantation erhalten sollen. Es gibt jedoch einige Unterschiede zwischen Transplantationen bei Erwachsenen und Kindern. Auf diese Unterschiede möchten wir im folgenden Kapitel eingehen.

Pädiatrische Blutstammzelltransplantationen umfassen alle Formen der Blutstammzelltransplantation (autolog, allogen, verwandt, unverwandt) bei Kindern zwischen 0 und 18 Jahren.

Ein wichtiges Therapieziel bei Kindern und Jugendlichen ist neben der Heilung der Grunderkrankung, die Normalisierung der vorher meist gestörten Entwicklung des Kindes (Wachstum, Pubertät, Psyche) und die Festigung der familiären und pädagogischen Strukturen (Schule, Ausbildung, soziales Netz, Partnerschaft).

Knochenmark, periphere Blutstammzellen und Nabelschnurblutstammzellen.

Generell werden die Indikationen für die Blutstammzelltransplantation immer wieder überprüft und an die Resultate von neuen Studien angepasst. Deshalb können sich die Indikationen im Laufe der Jahre verändern.

  • Bösartige Erkrankungen des Blutes und des lymphatischen Systems
  • Erworbene nicht bösartige Erkrankungen des Blutes oder des Knochenmarks
  • Angeborene Störungen:
    • Erkrankungen der roten Blutzell- und Plättchenbildung
    • Knochenmarkinsuffizienz
    • Immundefekte / Störungen der Immunregulation
    • Erkrankungen des Stoffwechsels (neurometabolische Erkrankungen)
  • Bösartige solide Tumore
  • Bösartige Tumore der lymphatischen Zellen
  • HLA-identische Geschwister oder verwandte Familienangehörige ab 1 Jahr bzw. mehr als 8 kg Körpergewicht
  • HLA-identische oder annähernd identische Fremdspenderinnen oder Fremdspender (erwachsene Freiwillige, Nabelschnurblut)
  • HLA-halbidentische Eltern, Geschwister oder andere verwandte Familienangehörige

In der Regel werden dieselben Medikamente wie bei Erwachsenen verwendet.

Bei bösartigen Erkrankungen des Blutes kann auch eine Ganzkörperbestrahlung (ab 3 Jahren) zur Anwendung kommen.

Bei angeborenen Erkrankungen werden zunehmend Konditionierungen mit reduzierter Toxizität angewandt.

In der Regel muss bei Patientinnen und Patienten mit bösartigen Erkrankungen von einer stationären Aufenthaltsdauer von mindestens 2 Monaten ausgegangen werden.

Häufig leiden Kinder mit genetischen Erkrankungen bereits vor der Transplantation an vorbestehenden Infektionen, Unterernährung und Organstörungen, so dass bei solchen Erkrankungen mit einem grundsätzlich längeren stationären Aufenthalt gerechnet werden muss.

Falls das Kind oder der Jugendliche noch nicht mit einer Chemotherapie vorbehandelt ist, kann und sollte bei Jungen in der Pubertät eine Fertilitätsreserve angelegt werden, das heisst, es werden Samenzellen aus einem oder mehreren Samenergüssen gewonnen und tiefgefroren. Mit tiefgefrorenem Samen kann auch nach Jahren eine Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung erzielt werden.

Bei Mädchen steht die Ovarpräservation nach laparoskopischer Ovarentfernung als experimentelle Methode zur Verfügung. Menstruierende Mädchen brauchen eine medikamentöse Menstruationshemmung vor Beginn der Chemotherapie.

Kinder benötigen während der Transplantation aufgrund von Nahrungsverweigerung oder Problemen bei der Medikamenteneinnahme häufiger als Erwachsene eine Magensonden und werden auch häufiger künstlich (parenteral) über die Vene ernährt.

Kinder bekommen vor der Entlassung in der Regel einen Port à cath (PAC, Kathetersystem) operativ unter die Haut eingelegt, damit sie über die nächsten Monate nach der Transplantation einen venösen Zugang haben. Alternativ kann auch der Hickman- oder Broviac-Katheter, der für die Transplantation eingesetzt wurde, belassen werden.

Bestimmte Medikamente, v. a. zur Hemmung des Cytomegalievirus (CMV), sind für Kinder nur in intravenöser Form zugelassen. Daher müssen die Patientinnen und Patienten bei Reaktivierung von CMV häufig länger hospitalisiert bleiben. Später sind Gaben dieser intravenösen Medikamente zu Hause via ambulante Kinderpflege (Spitex) möglich.

Bis zur Erholung des zellulären Immunsystems (in der Regel 6 Monate) dürfen die Kinder nicht öffentlichem Publikumsverkehr ausgesetzt werden (Schule, Kindergarten, öffentliche Verkehrsmittel, Kinos, Supermärkte etc.). Besuche von gesunden Freundinnen und Freunden oder Verwandten sind möglich. In den meisten Fällen darf das Haustier (Hund, Katze etc.) nach Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt für diese Zeit behalten werden.

Bei fortgesetzter immunsuppressiver Behandlung und bei GvHD kann die Regeneration des Immunsystems länger als 6 Monate dauern.

Zur Stärkung des Immunsystems werden bei Kindern in der Regel intravenöse Immunglobuline (Antikörpergabe) alle 2 bis 4 Wochen bis ca. 9 bis 12 Monate nach allogener Blutstammzelltransplantation gegeben. Danach werden die Grundimmunisierungen gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung, Keuchhusten, Meningitis (HIB, Pneumokokken), Hepatitis B durchgeführt.

Lebendimpfungen (Masern, Mumps, Röteln, Windpocken) werden erstmals 24 Monate nach der Transplantation durchgeführt.

Den Familienmitgliedern wird in der Winterzeit eine Grippeimpfung empfohlen.

  • In der Regel kann es zu denselben Nebenwirkungen und Komplikationen wie bei Erwachsenen nach Blutstammzelltransplantationen kommen.
  • Bei bösartigen Erkrankungen (ALL, AML, MDS) kann es trotz erfolgreicher Transplantation zu einem Rückfall der Grunderkrankung kommen (die Rückfallquote liegt zurzeit bei ca. 20 bis 30 %).
  • Bei genetischen Erkrankungen kann es in sehr seltenen Fällen trotz zunächst gutem Angehen des Transplantates zu einer mittelfristigen Abstossung und zur Rückkehr der Grunderkrankung kommen (< 5 %).
  • Bestimmte Komplikationen, wie die Lebervenenverschlusskrankheit (VOD), kommen bei Kindern häufiger vor als bei Erwachsenen. Diese Komplikation ist heutzutage aber gut behandelbar.
  • Nach einer allogenen Blutstammzelltransplantation ist die Rate der akuten und chronischen GvHD im Vergleich zu Erwachsenen geringer (ca. 10 bis 20 %). Dennoch kann im Fall einer chronischen GvHD eine monate- bis jahrelange Periode der immunsuppressiven Behandlung nötig werden.
  • Wichtig ist die Erfassung von hormonellen Störungen (Wachstumshormon, Schilddrüse, Eierstöcke, Hoden), da sich diese Hormonstörungen unmittelbar auf das Wachstum und die geistige Entwicklung der Kinder auswirken können.

Kontrollen von Herz-, Lungen-, Leber- und Nierenfunktion, der Knochendichte, des Augen- und Zahnstatus sowie der geistigen und psychischen Entwicklung werden in regelmässigen Abständen durchgeführt.

Ab dem 18. Lebensjahr findet eine Übergabe an die Erwachsenenmedizin statt und die Betreuung wird dort weitergeführt.

12. Einwilligungserklärung (Muster)

13. Weitere Informationen / Links

Zahlreiche Fachorganisationen und Selbsthilfegruppen geben Hilfestellung und vertiefte Informationen. Zudem sind zahlreiche Faltblätter und Broschüren (z.B. der Schweizerischen Krebsliga) zum Thema verfügbar. Sie finden hier eine Auswahl:

Organisationen und Netzwerke

Widersprüchliche Informationen sind nicht auszuschliessen. Wir können daher keine Verantwortung für die Inhalte der aufgeführten Internetseiten übernehmen.

Die Krebsliga Schweiz vermittelt Ihnen gerne Kontakt zu unterschiedlichen Selbsthilfegruppen.

14. Häufig eingesetzte Medikamente

Chemotherapie-Medikamente

Bevor Blutstammzellen transplantiert werden, erhält die Patientin, der Patient entsprechend der Diagnose eine sogenannte Konditionierungstherapie. Diese Chemotherapie soll noch vorhandene Tumor- oder Leukämiezellen vollständig abtöten, bevor neue, gesunde Blutstammzellen zugeführt werden. Solche Medikamente nennt man Zytostatika. Die Medikamente werden meistens gespritzt oder über eine Infusion verabreicht. Diese Medikamente können zu diversen unangenehmen Nebenwirkungen führen. Daneben werden nach der Transplantation auch Medikamente eingesetzt, die Ihr Immunsystem unterdrücken, sogenannte Immunsuppressiva. Auch diese Medikamente können verschiedene Nebenwirkungen haben.

Cyclophosphamid (Endoxan®)

Zellgift, das Tumorzellen in ihrer Zellteilung hemmt. Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Geschmacksveränderungen, Haarausfall, selten Herzrhythmusstörungen.

Etoposide (Etopophos®)

Zellgift, das Tumorzellen in ihrer Zellteilung hemmt. Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, hohes Fieber, Haarausfall. Am Tag der Infusion kann es zu Blutdruckabfall und Schwindel kommen (vorsichtig aufstehen).

Busulfan (Myleran®/ Busulfex®)

Zellgift, das die Tumorzellen in ihrer Zellteilung hemmt. Das Medikament kann als Tabletten oder als Infusion verabreicht werden. Nebenwirkungen: epileptische Anfälle, bleibende Sterilität, selten Übelkeit, schwerer Haarausfall. Zur Verhinderung eines epileptischen Anfalles wird Ihnen während der Busulfan-Gabe gleichzeitig ein Medikament verabreicht, das Sie vor einem epileptischen Anfall schützen soll.

Fludarabin (Fludara®)

Zellgift, das die Tumorzellen in ihrer Zellteilung hemmt. Nebenwirkungen: Übelkeit, Appetitverlust, selten Nervenschädigungen. Im Allgemeinen gut verträglich, kein Haarausfall.

Melphalan (Alkeran®)

Zellgift, das die Tumorzellen in ihrer Zellteilung hemmt. Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, selten Nierenversagen.

Ganzkörperbestrahlung

TBI (Total Body Irradiation)

Häufig wird eine relativ hohe Strahlendosis auf den gesamten Körper verabreicht. Dabei werden kleinere Dosen in mehreren Sitzungen verabreicht, um die Nebenwirkungen zu reduzieren (zweimal täglich Bestrahlung während 3 Tagen). Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Durchfall sowie eine schmerzhafte Schwellung der Speicheldrüse und Kopfschmerzen. Die verwendete hohe Strahlendosis führt meistens zu bleibender Sterilität.

Bei einigen Konditionierungen wird eine geringere Strahlendosis in einer einzelnen Sitzung verabreicht. Dabei kommt es nicht immer zu einer Sterilität.

Spätkomplikationen: Trübungen der Augenlinsen (Katarakt). Diese treten meist mehrere Jahre nach der Transplantation auf und können durch eine Operation der Linse korrigiert werden.

Immunsuppressiva

Cyclosporin (Sandimmun®)

Cyclosporin unterdrückt die Immunabwehr (= Immunsuppression), indem es die T-Lymphozyten hemmt. Es wird bei den meisten Transplantationen zur Prophylaxe der Abstossung und der GvHD eingesetzt. Nebenwirkungen: hoher Blutdruck, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Tremor (Zittern), vermehrter Haarwuchs, geschwollenes Zahnfleisch, Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz (Gelbsucht).

Tacrolimus (Prograf®)

Tacrolimus unterdrückt die Immunabwehr (= Immunsuppression), indem es die T-Lymphozyten hemmt. Es wird gelegentlich anstelle von Cyclosporin bei Transplantationen zur Prophylaxe der Abstossung und der GvHD eingesetzt. Nebenwirkungen: hoher Blutdruck, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Tremor (Zittern), Blutzuckererhöhung, Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz (Gelbsucht).

Steroide (Prednison® und ähnliche Medikamente)

Steroide unterdrücken die Immunabwehr. Sie werden bei Auftreten einer GvHD als Medikamente der ersten Wahl eingesetzt. Nebenwirkungen: Bluthochdruck, Appetitsteigerung und Gewichtszunahme, Diabetes, Hautveränderungen, Vollmondgesicht, Knochenschwund. Viele dieser Nebenwirkungen treten vor allem bei längerer Therapie mit Steroiden auf. Eine kurzfristige Steroidgabe ist häufig sehr effizient und hat relativ wenige Nebenwirkungen.

Methotrexat

Zellteilungshemmer, der in niedriger Dosierung immunsuppressiv wirkt. Es wird bei Erwachsenen häufig zur GvHD-Prophylaxe eingesetzt. Nebenwirkungen: Verstärkung der Schleimhautentzündung im Mund und Verzögerung des Anwachsens des transplantierten Knochenmarks.

Basiliximab (Simulect®)

Antikörper, der zur Prophylaxe der Transplantatabstossung und zur Behandlung der GvHD eingesetzt wird. Nebenwirkungen: Schmerzen, Übelkeit, Überempfindlichkeitsstörungen.

ATG (Lymphoglobulin®)

Das Medikament richtet sich gegen T-Lymphozyten und vermindert die Zahl der Lymphozyten. Dadurch vermindert es das Risiko einer GvHD. Das Medikament wird häufig während der vorbereitenden Chemotherapie eingesetzt. Nebenwirkungen: Fieber, Schüttelfrost, Hautausschlag, Juckreiz, allergische Reaktion mit Blutdruckabfall und Atemnot, Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen), Leukopenie (Verminderung der weissen Blutkörperchen, führt zur Infektanfälligkeit), Serumkrankheit (verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems auf Zufuhr körperfremder Eiweisse).

Alemtuzumab (MabCampath®)

Das Medikament richtet sich gegen T- und B-Lymphozyten und vermindert die Zahl der Lymphozyten. Dadurch vermindert es das Risiko einer GvHD. Das Medikament wird gelegentlich während der vorbereitenden Chemotherapie eingesetzt und selten als Therapie einer akuten GvHD. Nebenwirkungen: Fieber, Schüttelfrost, Hautausschlag, Juckreiz, allergische Reaktion mit Blutdruckabfall und Atemnot, Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen), Leukopenie (Verminderung der weissen Blutkörperchen, führt zu einer sehr starken Infektanfälligkeit).

Mycophenolsäure (CellCept®)

Hemmt vor allem die Zellteilung der Lymphozyten. Nebenwirkung: Fieber, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Leukopenie (Verminderung der weissen Blutkörperchen, führt zur Infektanfälligkeit), Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen, führt zur Blutungsneigung, z. B. am Zahnfleisch, Petechien, Hämatome), Anämie (Blutarmut).

Im Rahmen Ihrer Behandlung und den damit verbundenen Nebenwirkungen werden auch Medikamente wie Antibiotika (bakterielle Infekte), Antimykotika (Pilzinfektionen) oder Virostatika (Virusinfektionen) eingesetzt.

Diese Arzneimittel können zu mehr oder minder starken Nebenwirkungen führen. Fragen Sie Ihre zuständige Pflegefachperson oder Ihre Ärztin, Ihren Arzt, wenn Sie wegen eventueller Nebenwirkungen beunruhigt sind.